CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Steve Thorne - Emotional creatures Part One
(52:55, GEP, 2005)

Das liest sich ja recht vielversprechend schon fast unwiderstehlich, angesichts der namhaften Gastmusiker, die sich auf dem Debüt-Album von Steve Thorne die Ehre geben. Mit dabei u.a. Gary Chandler und Steve Christey (Jadis), Geoff Downes (Asia, Yes), Nick DïVirgilio (Spockïs Beard), Tony Levin (King Crimson, Peter Gabriel), und die fast komplette IQ-Besetzung mit Martin Orford, Paul Cook, John Jowitt. Da stellt sich natürlich die Frage ob wir es hier nun mit einer neuen sogenannten "Supergroup" (Oh, Gott wie ich diesen Ausdruck hasse) zu tun haben, oder doch mit einer Solo-Arbeit? Letzteres ist dann wohl eher zutreffend, da die oben genannten Musiker mehr in eine Nebenrolle schlüpfen, und zudem Steve Thorne den Großteil der Instrumente selbst eingespielt, sowie "Emotional creatures" im Alleingang geschrieben hat. Und das ist auch gut so, denn dadurch kam kein zu überspieltes Material heraus, und es ist eine klare Handschrift zu erkennen die durch das gesamte Album führt. Was die Musik von Thorne außerdem noch auszeichnet, ist mit drei Begriffen am einfachsten auf den Punkt zu bringen. 1. abwechslungsreich, 2. hohe Spielkultur, 3. liebevolle Arrangements. Genauer betrachtet komponiert der britische Musiker recht eigenwillig und raffiniert, mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Stilarten. Der Streifzug geht über Artpop, Soft Rock, Folk und leichten Wave-Ansatz, wobei die Wurzeln dann doch eher im Prog-Bereich, genaugenommen im Neo Prog zu suchen sind. Ohne jedoch in einen zu starken Nostalgietrip zu verfallen, da eben auch modernere und frische Soundelemente zur Entfaltung kommen. Fast jeder der elf Songs wirkt trotz der sanfteren, gefühlvolleren und oft traumwandlerischen Klanglandschaften äußerst attraktiv und nicht zu langatmig, begründet durch die ständig wechselten musikalischen Ausflüge, sowie die sehr schönen aber nicht zu einfach gestrickten Melodiebögen. Die Texte stehen dagegen als krasser Gegenpol zur Musik, geprägt von einer gewissen Aggressivität, mal politisch (Anti-amerikanisch), mal über menschliche Schicksale (Kokainsucht, Einsamkeit, Selbstmord usw). Die obligatorische Suche nach Art-Verwandten Bands ist nicht gerade einfach; Bands wie Jadis, Poor Genetic Material oder auch Carptree (wenn auch nicht ganz so düster) kommen noch am stärksten in diese Richtung. Das ansprechende Cover wurde von Danny Flynn (ebenfalls kein Unbekannter) entworfen. Was bei mir allerdings etwas Kopfschütteln hervorruft, ist der an manchen Stellen etwas zu matschige sowie einschläfernde Refraingesang, und wie oben schon erwähnt gibt es dann doch ein bis zwei Tracks die in Schönklang nahezu ersticken. Schade eigentlich, denn "Emotional creatures: Part One" hätte sonst durchaus das Zeug zu einem "hervorragendem" Album gehabt. So bleibt das Debüt von Steve Thorne trotz allem eine ansprechende Neuentdeckung, das sich für den eventuellen. Nachfolger "Part Two" noch etwas Luft nach oben aufgespart hat.

Andreas Kiefer



© Progressive Newsletter 2005