CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Soniq Theater - This mortal coil
(51:34, CD-R Privatpressung, 2004)

Alfred Mueller war einmal Keyboarder einer Prog-Band aus dem Raum Stuttgart. Dieses Quintett nannte sich Rachel's Birthday. Ihre Verweildauer in der deutschen Progszene war allerdings nur sehr kurz, nach nur einem Album verschwanden sie wieder von der Bildfläche. Müller war seitdem allerdings als Solokünstler unter dem Pseudonym Soniq Theater recht aktiv. Mit "This mortal coil" liegt nun bereits sein viertes Werk vor. Liest man über Soniq Theater, so fallen bisweilen die Namen Wakeman, Emerson oder Jobson. Das ist natürlich extrem hoch gegriffen, und diesem Maßstab kann er verständlicherweise gar nicht gerecht werden. Aber als grobe Orientierungshilfe mag dies gar nicht mal so falsch sein, denn an manchen Stellen wird man in der Tat an diese großen Namen erinnert. Was darf man von diesem Album erwarten? Was Müller hier keyboardtechnisch anbietet, ist aller Ehren wert. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass SQ ein echtes 1-Mann-Projekt ist, dem kein Budget eines Vangelis zur Verfügung steht, und so wundert es nicht, dass der Rhythmus programmiert ist, was nicht gerade jedermanns Sache ist. Schon im Titelsong, der als Opener des Albums gewählt wurde, erwartet den Hörer eine bombastische Symphonik-Keyboards-Breitseite, unterlegt von hektisch-nervösen Computer Drums. In der Auflistung des Instrumentariums fällt u.a. der Ausdruck "virtual orchestral sounds" - dies trifft den Grundcharakter des Albums sehr gut. Der Einsatz von E-Gitarren-Samples ist ein weiteres Müller-typisches Stilmittel. Hiermit erinnert er mich gelegentlich an Kaipas Hans Lundin. Bei einem Titel, nämlich "Flashpoint", kommt auch ein klassischer Ansatz deutlich zur Geltung, denn hier stand ganz eindeutig Khatchaturians Säbeltanz Pate. Müller bezeichnet sein aktuelles Werk als eine Ansammlung progressiver Rock Songs und Sonic Soundscapes. Acht der neun Songs sind reine Instrumentals, die ich im wesentlichen als gelungen bezeichnen möchte, allerdings ist ein Ausreißer dabei, nämlich der zweite Song des Albums, "Break the frame". Hier singt Müller, und das geht leider gar nicht! Die Gesangsleistungen sind hier derart schlecht, dass es den Titel völlig ungenießbar macht. Er ist sicherlich gut beraten, wenn er sich zukünftig wieder auf seine Fähigkeiten an den Keyboards beschränkt. Im übrigen finde ich es auch eher ungeschickt, einen derartigen Vokal-Versuch gleich an die zweite Position der CD zu setzen. Der Titel wäre sicherlich am Ende der CD besser aufgehoben. Da dieser Song aber die Ausnahme bildet, sollte er in der Gesamtbewertung auch entsprechend niedrige Gewichtung finden. Als instrumentales Keyboardalbum ist "This mortal coil" gut gelungen, wenn auch die programmierten Rhythmen bisweilen etwas nerven. Mich würde wirklich mal interessieren, welche Rolle Müller heutzutage als Komponist und Keyboarder einer Prog-Band spielen könnte, denn im Umfeld von echten Drums und Gitarren kämen seine Kompositionen sicherlich noch deutlich besser zur Geltung.

Jürgen Meurer



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