CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Poor Genetic Material - Free to random
(56:26, Quixote Music, 2005)

Es gab bei Poor Genetic Material auch eine Zeit vor ihren "Jahreszeitenalben" ("Summerland", "Leap into Fall", "Winter's edge"), nämlich als man sich noch als reines Instrumentalprojekt häufig rein improvisierter Musik widmete. Während die letzten Alben zusammen mit Alias Eye Sänger Philip Griffiths deutlich songorientierter ausfielen, ist das frühe Material von PGM wesentlich freier und stilistisch weit gefasster angelegt. Ein Teil dieser frühen Aufnahmen wurde als Soundtrack für Theater- und Filmproduktionen verwendet, wobei die damals eingespielte Musik bisher lediglich als CD-Rs unter den Namen "Free to random Vol.1" und "Vol.2" im Umlauf waren, man diese aber eigentlich nie offiziell veröffentlichte. Durch Studioumzug und Drummerwechsel fand man nun die Zeit, vor der Veröffentlichung des "Frühlingsalbums" die alten, rein instrumentalen Aufnahmen zu sichten. Einiges wurde dabei neu abgemischt, zum Teil sogar neu eingespielt, und liegt nun in überarbeiteter Form ganz offiziell unter dem Titel "Free to random" vor. Dieses Album hat also musikalisch nichts mit dem Line-Up mit Sänger Phil Griffiths zu tun. Auch zukünftig plant man, weiterhin zweigleisig zu fahren und neben dem song-orientierten Ansatz gleichzeitig den mehr experimentellen Charakter von PGM weiterzuverfolgen. Lange Vorrede, kurze Zusammenfassung: es hat sich wirklich gelohnt, dass Philipp Jaehne und Stefan Glomb, die beiden Kernmitglieder der Band, in den Archiven kramten, denn "Free to random" offenbart eine sehr interessante Stilbreite, die von schwebenden, fast meditativen Klängen im Stil von Popol Vuh, Soundscapes mit weichen Keyboardlinien bis hin zu fließenden, dennoch melodiebetonten Klanggemälden reicht. Ihr Ansatz der "Musicscapes" (freie Soundscapes mit melodiebetonten Elementen) bleibt trotz freien Spiels und Experimentierfreudigkeit erstaunlich organisiert und songdienlich, unterscheidet sich dabei dennoch grundlegend vom Gesangsmaterial der anderen PGM Alben mit Gesang. Zerbrechliche, traumhafte Melodien fließen hier organisch, verspielt durch den Raum, nehmen den Hörer mit auf meditative, atmosphärische Reisen - einfach schön.

Kristian Selm



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