CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Miriodor - Parade + Live at Nearfest
(63:56 + 68:07, Cuneiform, 2005)
Als Vertreter der leichten Muse kann man den Avantgarde Rock / R.I.O. der kanadischen Miriodor mitnichten bezeichnen. Dennoch hat das, was die inzwischen seit mehr als zwei Jahrzehnten bestehende Band auf "Parade" präsentiert, einen weit weniger morbiden und düsteren Grundcharakter als vergleichbare europäische Bands wie z.B. Univers Zero. Der sprunghafte kammermusikalische Ansatz von Miriodor besitzt eine gewisse Leichtigkeit, eine angenehm verspielte francophile Note, vertraut nicht nur auf Schärfe, eckige Kanten und Schrägheit, ist dabei aber gleichzeitig von seichten Einfällen ebenfalls meilenweit entfernt. Die Band umschreibt deswegen ihre Musik auch recht passend als "Soundtrack für einen Kinofilm, einem Kinofilm mit einer verrückten und eigenartigen Geschichte." So wirkt das rein instrumental gehaltene "Parade" einerseits aufgeräumt und nachvollziehbar, überfährt den Zuhörer keineswegs auf zu fordernde Art, andererseits steckt in der Jazz Rock inspirierten Kammermusik genügend an überraschenden Kehrtwendungen, inhaltlicher Vielfalt und Spannung. Selbst augenzwinkernde, humorige Passagen finden hier ihren Platz. In dem kanadischen Kleinorchester bekommen Violine, Fagott und Saxophon genauso viel Freiraum wie das gleichberechtigt agierende traditionelle Rockinstrumentarium. Zusätzliche Gastauftritte von Lars Hollmer (Samla Mammas Manna) u.a. am Akkordeon passen da ebenso ins Bild wie die Maßnahme der Kanadier, auch gelegentlich auf elektronische Experimente zurückzugreifen. Miriodor gelingt es auf eigene, sympathische Art, nicht unbedingt alltägliche Musik in einer für dieses Genre durchaus angenehmen Art zu präsentieren. Eine gelungene Gratwanderung am Rande der kompositorischen und inhaltlichen Tiefen, ohne ständig die Kante der hörtechnischen Überforderung zu überschreiten. Als Bonus bekommt man zum neuen Studiomaterial von "Parade" auch noch gleich den sehr frisch und direkt daherkommenden 2002er Auftritt vom Nearfest mitgeliefert, so dass einem dieser kammermusikalische Doppelpack gleich mehr als zwei Stunden Unterhaltung bietet.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005