CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Magellan - Symphony for a misanthrope
(46:59, Insideout, 2005)
Nach zwei Jahren nun endlich wieder mal ein Lebenszeichen der zwei Gardner-Brüder, wobei Oberchef Trent ja immer wieder mal bei anderen mitwerkelt, so z.B. bei den Explorer's Club Alben, bei James LaBrie oder Steve Walsh. Und eben dieser Steve Walsh ist auch beim Intro an den Keyboards zu hören. Auch Robert Berry hat im zweiten Track ein Gastspiel. Die 47 Minuten Dauer lassen einen heutzutage bei einem Prog-Album schon mal kurz stutzen, wird meistens doch die 60 oder 70 Minuten Grenze getestet. Aber egal, ich wäre der letzte, der auf sowas wert legt. Lieber Qualität, also Quantität. Als düsteres Album angekündigt, stellt sich das Album beim Anhören nicht unbedingt dar. Klar, in den Texten auf jeden Fall. Da geht es um Gott, wie er, enttäuscht von seiner Schöpfung, die Erde kurzerhand in die Hölle wirft ("Why water weeds?") oder es wird in "Wisdom" gerätselt, was Weisheit nun wirklich sei. Aber das Entscheidene, die Musik, stellt sich auch nicht sehr viel düsterer dar, als in den vorangegangene Alben. Der Opener "Symphonette" ist, wie der Name schon andeutet, eine kurzes, instrumentales sinphonisches Intro an den Keyboards. "Why water weeds?", in dem wie gesagt die "jämmerliche Leistungsbilanz der Menschheit auf nahezu allen Gebieten" (Zitat Trent) thematisiert wird, ist ein mittellanges Stück mit etwas Bombast, heavy Gitarre und alles, was Magellan so ausmacht. Zwischendurch wird's auch mal sehr ruhig und nachdenklich, was man früher von Magellan nicht so kannte. Da wurde meist noch ne Schippe Bombast draufgelegt. Auch die Komplexität hält sich eher im massenkompatiblen Rahmen. Der Longsong des Albums, die "Cranium reef suite" geht auch in diese Richtung und steht weniger in der Tradition der ersten beiden Alben, sondern setzt die begonnene sanfte musikalische Neuorientierung der Band nach dem Weggang vom Label Magna Carta fort. Weniger Hektik, etwas weniger Bombast und weniger Komplexität. Um ehrlich zu sein, war ich, ein Harcore Magellan-Fan der ersten Stunde, nach dem ersten Hördurchgang deswegen auch etwas ratlos, was ich nun davon halten sollte. Klar, es war immer bisher so, daß man ihre Alben oft anhören mußte, um jeden Bocksprung, jedes krumme Break zu verinnerlichen. Nur hier war es eher das Gegenteil. Man dachte gleich am Anfang, alles durchschaut zu haben. Das völlig unnötige "Pianissimo intermission", eine zweiminütige klassische Klavierklimperei, wo Trent zeigen muß, daß er sowas auch kann, ließ mich bisher jedesmal die "Skip"-Taste betätigen. Ok, der Anfang war also etwas frostig, doch dauerndes Anhören im Repeat-Modus zeigte dann doch, daß in dem Album mehr steckt, als ich zuerst dachte. Die Strukturen sind zwar einfacher als früher, aber trotzdem noch für viele Proggies sicher immer noch zu hektisch und zu komplex. Da kann man, wie immer, so oder so dazu stehen. Manche sagen "genial", manche nennen es "hohler Bombast". So gewann schließlich die "Cranium reef suite" immer mehr, v.a. auch durch den sehr schönen "freundlichen" Anfang, und auch das folgende recht schwermetallische "Doctor concotor", die schöne Ballade mit akustischer Gitarre "Wisdom" und auch der Schlußsong "Every bullet needs blood" wußten zu überzeugen. Es müssen ja nicht immer 15-Minuten Lieder sein, wie oben schon festgestellt. So letztendlich doch ein gutes Album, das jeder Magellan-Fan bedenkenlos kaufen kann. Vielleicht nicht das beste der Band bisher, aber sicher auch nicht schlecht. Die, die vom Übermaß an Komplexität früher eher abgeschreckt waren, sehen das vielleicht sogar noch positiver.
El Supremo
© Progressive Newsletter 2005