CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Machine And The Synergetic Nuts - Leap second neutral
(54:18, Cuneiform, 2005)

Dass japanische Bands gerne eine etwas übertriebene Interpretation von jeglicher musikalischer Spielweise bevorzugen, ist ein offenes Geheimnis. Im fernen Osten mag man es, aus bei uns nicht immer nachvollziehbaren Gründen, eben eine Spur übertriebener, schräger oder durchgeknallter - unsere Freunde aus Nippon sind da mitunter etwas bizarr veranlagt. Unter der scheinbar immer beherrschten Oberfläche, mit dem Anspruch, nie das eigene Gesicht zu verlieren, schlummert ein Vulkan der Absurditäten, der bei gegebenem Anlass einfach unkontrolliert ausbricht. So ist auch der vom Ansatz her eher moderate, aber immer quirlige Jazz Rock von Machine And The Synergetic Nuts (schon mal klasse dieser Name) eben immer eine Spur ab- und überdrehter als bei Bands aus westlichen Hemisphären. Der energetische, aber durchaus kontrollierte Stilmix der Japaner lässt dabei hin und wieder Erinnerungen an das Canterbury Genre aufkommen, doch kommen diese Nuancen im Torso von Tempo und musikalischer Überdrehtheit nicht immer voll zur Geltung, werden zudem einige Zeuhl Muster wohl durchdacht eingewoben. So geht es mitunter herrlich komplex und instrumental versiert zur Sache, aber dennoch bleibt auch immer Raum für sachtere Zwischentöne, ist "Leap second neutral" allenthalben ein Parforce Ritt des gepflegten musikalischen Anspruchs. Unberechenbar, aber dennoch nicht völlig in den Avantgarde abgleitend, entsteht somit eine spannende, wenn auch nicht zu überladene Mixtur aus fordernden, temporeichen Interpretationen, die mal mit mächtigen Hammondakkorden, mal solistisch verzwirbelnden E-Pianolinien, verspielten Gitarrenklängen oder flüssigem Gebläse immer wieder die richtige Balance aus Unvorhersehbarkeit und logischer, rhythmisch treibender Songstruktur schaffen. Ein gelungenes Mittel aus leichten Prog Ansatz und funkigem Jazz Rock, der zwar andersartig, aber dennoch irgendwie vertraut klingt.

Kristian Selm



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