CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Little Atlas - Wanderlust
(52:12, Progrock Records, 2005)

Ein mäßiges Debütalbum "Neverworldly" aus dem Jahre `98, ein überraschend sehr gutes Nachfolgewerk "Surface serene" und 2005 liegt nun das neue Album "Wanderlust" von der in Miami ansässigen Band Little Atlas vor. Um es gleich vorweg zu nehmen: eine nochmalige Steigerung zum zweiten Output kann ich leider nicht vermelden. Da genau die starken Seiten des Vorgängers, eben ein sinfonischer Progressive Rock, der sehr gekonnt Traditionelles und Modernes mischt, sowie über eine unheimliche musikalischen Vielfalt verfügt, hier nicht mehr ganz so ausgiebig zelebriert wird. Nicht zu Unrecht wurden Little Atlas nach "Surface serene" oft mit solchen Bands wie Spockïs Beard, Echolyn oder IZZ verglichen. Auf "Wanderlust" geht allerdings die Entwicklung mehr in den solideren Neo Prog, ohne jedoch den sinfonischen Prog Rock ganz aus den Augen zu verlieren, und büßt dadurch einiges an Spannung und Spielwitz ein. Die sieben Songs sind zwar immer noch mit ausreichend Druck, Verspieltheit und Tempowechsel durchzogen, doch wirkt vieles abgestimmter, berechnender und ohne die nötige Würze, so dass Little Atlas Ihre erst gewonnene Identität wieder etwas verlieren. Trotzdem sind immer noch etliche positive Charaktermerkmale der Band geblieben. Die da wären: eine sehr ausgeglichene Instrumentierung mit ansprechendem Melodikanteil, prickelnde Gitarrenläufe, mal etwas härter, mal sehr gefühlvoll gespielt, einige effiziente Akustikgitarreneinlagen, eine ordentlich funktionierende Rhythmusmaschinerie mit etlichen Breaks durchsetzt, und einen passablen Solo- und Refraingesang. Es ist schon verblüffend wie nahe man an manchen Stellen, hauptsächlich in den Instrumentalteilen oder in den Refraingesangslinien, an die frühere Spielweise von Spockïs Beard heran kommt, auch wenn Little Atlas etwas weicher, nicht ganz so wuchtig agieren. Ebenfalls erwähnenswert ist eine verbesserte Produktion, ein Geigenpart von Bill Ayasse (Frogg Café), und für die Freunde der Longtracks sei gesagt, die Songs sind deutlich länger geworden, meist mit einer Spielzeit von 5 bis 10 Minuten. Der Inhalt der sieben Songs ist schnell erzählt, sie handeln von Kindesmisshandlung, politischer Unterdrückung, Existenzängsten, Entführung durch Außerirdische und Lebens-Philosophien. Die Gesamtleitung der neuen Scheibe übernahm kein geringerer als Rodney Mills, der u. a. auch schon für Pearl Jam, Sheryl Crow und Journey gearbeitet hat. Also bleibt insgesamt festzuhalten, eine über weite Strecken gute Veröffentlichung, welche diesmal allerdings nicht ganz das gewünschte Kontrastprogramm zum manchen Standard Neo Prog bieten kann.

Andreas Kiefer



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