CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Guapo - Black Oni
(44:30, Ipecac, 2005)
"Guapo sind eine Naturkraft, ein unendlich ausufernder Höhepunkt, eine kontrollierte Katastrophe", so ein Kritiker über das englische Trio. Oder, um es ganz einfach mit einem Wort zusammenzufassen: kompromisslos. Vielleicht ist so am besten das mäandrierende Soundgewitter von Guapo auf ihrem aktuellen Longplayer "Black Oni" umschrieben. Bereits mit den Vorgängeralben haben sie sich immer fester im Zeuhl Territorium festgebissen, gelegentlich "aufgelockert" durch Chamber Rock, Avantgarde und Minimalismus. Stilistisch ganz ähnlich geht es auch auf dem mittlerweile sechsten Album weiter, nichts also für emotional Zartbesaitete. "Black Oni" ist der zweite Teil einer Trilogie, die mit dem Vorgängeralbum "Five suns" begann. Dennoch ist "Black Oni" nicht ganz so bohrend apokalyptisch und intensiv wie das letzte Werk geraten, obwohl auch dieses Album fernab von jeglicher leichter musikalischer Kost heranreift. Hypnotisch und fordernd graben sich die Klänge der Londoner durch die Hörbahnen, lediglich aufgebaut auf die Kraft der Tasten (diese jedoch in allerlei Variationen von Fender Rhodes, Harmonium, bis zum allseits beliebten Mellotron), Schlagzeug und intensiver Saitenarbeit. Wie das in schlichten Schwarz- und Rottönen gehaltene Booklet, wurde auch in die Titelbezeichnung nicht viel Ablenkung investiert, sondern diese lediglich römisch I bis V durchnummeriert. So ist von vorneherein klar, dass hier die Musik der eigentlich Star des Albums ist. Und die ist dieses Mal etwas subtiler, weniger offensiv ausgerichtet. Es bleibt Raum für langsame Songentwicklung mit avantgardistischer Note, die stampfenden Zeuhl Rhythmen sind weit weniger präsent als noch beim ersten Teil der Trilogie. Mitunter wirken die durchnummerierten Titel aber auch eine Spur zu zerfahren, erscheint die emotionale Achterbahnfahrt etwas beliebig, bevor sich der englischer Dreier wieder besinnt und sogar einige besinnliche Momente in fragiler Schönheit ausbreitet (phänomenal gesteigert z.B. in Titel "III"). "Black Oni" ist somit zwar nicht ganz so durchschlagend wie "Five suns", kann aber nichtsdestotrotz einmal mehr als überaus überzeugende Visitenkarte von Guapo gelten. Man darf sich überraschen lassen, wohin die Reise wohl beim letzten Teil der Trilogie geht.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005