CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Amon Düül 2 - Almost alive...
(60:21, Revisited Records, 1977)
Amon Düül 2 - Only human
(46:01, Revisited Records, 1978)
Amon Düül 2 - Vortex
(59:48, Revisited Records, 1981)
Revisited Records, das Reissue-Sublabel von InsideOut, veröffentlicht eine Remaster Serie von Amon Düül 2 Alben, und fängt dabei von hinten an. Zuerst werden jetzt die 3 letzten Studioalben der Band angeboten. Remastert, mit Booklet inklusive der Story zur LP in deutsch und englisch und um jeweils sehr nette Bonustracks ergänzt. Die Besetzung von Amon Düül 2 war sehr lebhaften Wechseln ausgesetzt, und im Laufe der 70er veränderte sich die Band im Klimawandel der populären Rockmusik zusehends. Waren ihre ersten Alben durchgeknallte Freak-Out-Orgien, die massivem Drogenkonsum und abenteuerlustiger Jugend zu danken waren, so lernte die Band im Laufe der Zeit, Songs zu schreiben, die Instrumente besser zu beherrschen und geriet zusehends ins Fahrwasser des Mainstream. Da sind sie nie wirklich angekommen, sie blieben bis "Vortex" (1981) eigen, vor allem in den Lyrics, die sicher auch den freien Sphären anhaltender Drogeninspiration zu danken sind. "Almost Alive..." (1977) bewegte sich zwischen Krautrock, Disko, Symphonik Rock und Synthie Pop. Die langen Songs haben einen flotten Diskobeat und dennoch schräge Ideen. Erstaunlicher Weise gibt es viel sinfonisches Material, wofür die Band auf früheren Alben eher nicht stand. Besonders interessant sind die Bonustracks, die nicht wie die regulären Albumtracks auf Breitenwirksamkeit gemixt wurden und die abgefreakte, wilde Rockband präsentieren. "Almost alive...and looking fine" war die wohl allerletzte Scheibe der Band, die noch irgendwie mit "Kraut"-rock in Verbindung gebracht werden kann. Ein Jahr später gab es die volle Diskodröhnung. Ausgeflippte Sachen sind auch hier zu hören, aber die gab es im ambitionierten New Wave auch. Die Songs sollten Spaß machen und nett unterhalten. Amon Düül 2 zeigte sich auf der Höhe der Zeit, ihre Songs waren modern und manches Stück hatte wohl kein Problem, durch die Radiokanäle zu flutschen. Die Popmusik hatte sich radikal verändert. Krautrock war Geschichte. Sicher galten Amon Düül 2 etlichen noch als Markenzeichen, aber die letzten Fans ihrer neuen Platten mussten sich sehr gewöhnen, oder waren mit der Band gewachsen. Auch hier gibt es interessante Bonustracks. Ethno Pop mit Electronic und Spacesounds vermixt, alles auf einem netten Dancebeat. Da sind die Joints wahrhaft zu riechen. Als sich die Band 1981 mit einer erstaunlich alten Besetzung zurückmeldete, war sie schon wieder ein paar Stufen weiter in Richtung zeitgemäße Popmusik gegangen. Neben Chris Karrer, dem Urgestein, waren Henriette Krötenschwanz, ähm, Renate Aschauer-Knaup, Jörg Evers, Daniel Fichelscher und Falk Rogner sowie die Gäste Lothar Meid, John Weinzierl, Stefan Zauner, Hans Peter Leopold und John Kahlert an der Einspielung beteiligt gewesen. Trotzdem klingt nichts nostalgisch. Ein paar letzte ausgeflippte Ideen sind in ein zeitgeistiges Pop-Kleid gehüllt. Die meisten Tracks sind recht belanglos. Musikalisch klingt die Band unbekümmert, während die Lyrics Sinn machen. Und wieder gilt, was auch bei den anderen beiden CDs der Fall ist, die fantastischen Bonustracks sind eine verlockende Ergänzung. Die beiden langen Stücke haben nicht denselben Mix, sind nicht produziert, wie die 8 Songs der originalen LP. Wann die beiden Songs aufgenommen worden sind, ist dem Booklet nicht zu entnehmen, sie sind wohl einer glücklichen Session etwa aus der gleichen Zeit zu verdanken. Alle drei Alben gibt es bereits auf CD. Die neuen Revisited Auflagen sind designtechnisch im Digipack toll verpackt, die Songs remastert, zudem sind hier Bonustracks enthalten, die bisher nicht veröffentlicht worden waren. Das sind starke Attribute für die CDs. Die nächste Serie der Amon Düül 2 Remasters, die Ende Juni veröffentlicht wird, enthält die 4 Alben "BBC Recordings", "Phallus Dei", "Tanz der Lemminge" und "Yeti". Da werden die Flammen höher schlagen!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2005