CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Van der Graaf Generator - Present
(37:32 + 65:24, EMI, 2005)
Time Tunnel - Und plötzlich sind es wieder die frühen Siebziger, wenn sich diese trotz hier noch sanfter Töne bedrohliche Saxophonwand erhebt und den idealen Hintergrund für Peter Hammills über die Halbtöne tastende, unnachahmliche Stimme und seine mysteriös-scharfsichtige Lyrik über blutrünstigen Tyrannen ("Every bloody emperor"), den Ausbruch des Wahnsinns ("Nutter alert") oder der Sehnsucht nach Einfachheit und Natur ("On the beach") abgibt. Anfang Mai haben VdGG in der Originalbesetzung mit einem Konzert in der Royal Festival Hall zu London ihre dritte Bandphase eröffnet - runde 27 Jahre nach der Trennung im Sommer 1978. Passend dazu (und zum Re-Release sämtlicher Alben bei Virgin/EMI, remastered und mit Bonus-Tracks versehen) erscheint nun dieses Doppelalbum mit frischem Material, das im besten Sinne zeitlos erscheint. Alle VdGG-Trademarks werden aufgeboten: Von Jacksons zarten Flötentönen ("Emperor"), samtiger Melancholie ("On the beach") über die Todesschreie von Hugh Bantons getuneten Orgeln ("Abandon ship") bis hin zu klaustrophobischen Unisono-Passagen ("In Babelsberg"). Während es sich beim Material von CD 1 um völlig durchkomponierte Stücke von einem oder maximal zwei der alten Recken, gehen die Jams auf CD 2 naturgemäß auf die gesamte Band zurück und belegen eindrucksvoll, warum VdGG hierfür stets berühmt und warum '67 bei gemeinsamen Touren mit Lindisfarne und Genesis Letztgenannte noch die Vorgruppe waren. Die Graafen haben den Generator wieder angeworfen, und sofort gibt es Kultalarm!
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2005