CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)
Xolotl - The lines to our minds
(37:39, Privatpressung, 2004)
Die Wege des Rock sind unergründlich. Xolotl's erste Einflüsse ist ihre erste große Liebe: Punk und Hardcore der 1980er Jahre, Alternative Rock aus den 1990ern und die weite Welt des unwägbaren Underground. Jim Welniak (g), Cody Christenson (dr) und Chris Ortiz (voc, b) aus Milwaukee, USA, sind Besessene, die nicht da stehen bleiben, wo ihre Vorlieben aufhören, sondern eigenes Terrain erobert haben, und so seltsam es klingt, Xolotl füllen eine Lücke, an die bisher noch niemand gedacht hat. Ihre mordsmäßig krachenden Stücke sind ausgefüllt mit der brachialen Energie des Punkrock, mit der Wildheit avantgardistischen Freidenkerlärms und - der Komplexität des Progressive Rock. Dabei haben sie sich soundtechnisch nicht weit vom Punk entfernt, die Gitarren haben diesen herb schneidenden Klang, überschäumende Rasanz und kompromisslose Aggressivität. Doch was hier an Rhythmus und Themenvielfalt passiert, hat Punk nicht zu bieten. Das sind Einflüsse der Japaner The Ruins, die in der Bandbio extra erwähnt werden. Ein paar weitere Bands stehen da noch: Fear of Flowers, Soma, Well, The Buzzhorn, Shrine, Rob McCuen und das Seitenprojekt von Xolotl, Motivo Loco. Unter den Prog Freaks werden wohl nur die mit dem Hang für das Ausgeflippte Gefallen an "The lines to our minds" Gefallen finden. Der harte Gesang, der stets radikale Gitarrenklang und die Deftigkeit der Songs mit ihren schrägen Brüchen und lauten, sägenden Arrangements halten wenig von netter Harmonie. Dabei sind die Basslinien fast schon mit Yes verwandt, ist das Schlagzeugspiel von virtuoser Dynamik und lebendiger Spielfreude. Den musikalisch Radikalen unter Punks, Rockern und Prog Freaks kann diese fette Platte viel geben. Nicht viel anders ist das mit dem 2004 eingespielten Demo des Seitenprojektes der Band. Motivo Loco hat im letzten Jahr auch deutsche Bühnen bespielt. Der Sound geht mehr in Richtung Alternative, wobei der Gesang mit seiner Tendenz zur Harmonisierung in jeden modernen Rockstil passt. Die Songs sind schlichter, leiser, liedhafter, haben aber Schnoddrigkeit und rasseln lässig dahin. Längst nicht so interessant wie Xolotl, aber live DIE Alternative. Testen!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2005