CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)
Umphrey's McGee - Anchor drops
(64:35, InsideOut, 2005)
Sein erstes Album gleich "Greatest Hits Vol.3" zu nennen und mit gefakten Billboard Platzierungen zu versehen, beweist schon ein gehöriges Maß an ironischer Selbstüberschätzung. Zwar fehlt Umphrey's McGee seit ihrem Erstling von 1998 immer noch der Schlag zu Chartrittern, ihren Kreuzzug des gepflegten Jamrocks setzen sie dafür unbeirrt fort. Oder wie sich die Musiker selbst sehen: "als Rockband, die gerne anspruchsvolle Musik macht und dabei improvisiert." Für ihr mittlerweile viertes Studioalbum fanden sie mit InsideOut einen europäischen Vertriebs- und Labelpartner, womit die kleine, aber feine Plattenfirma aus Kleve ihre musikalische Ausrichtung abseits vom reinen Progressive Rock konsequent fortsetzt. Doch andererseits: so ganz progfremd ist das Sextett aus Chicago keineswegs, die Verbindungen springen einem eben nicht gleich direkt ins Gesicht. Bei Umphrey's McGee finden sich jede Menge Reminiszenzen an alles, was so in den rockmusikalischen Kochtopf geschmissen werden kann. Ihre Zutaten sind sehr weit gespannt: ob nervöser Jamrock, feuriger Latin Rock oder unverkrampfter Jazz Rock, die überraschenden Stilwechsel greifen bei den Amerikanern organisch ineinander, ohne aufgesetzt oder zu verkopft zu wirken. Durch Breaks, inhaltliche Brüche und solistische Ausschmückungen streift man ebenfalls das Terrain, welches ansonsten eigentlich nur in dieser Ausprägung im Progressive Rock zu finden ist. "Anchor drops" ist gleichzeitig eine erdige Rockscheibe, andererseits jedoch meilenweit davon entfernt, an den Ufern der Vorausschaubarkeit zu stranden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005