CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)

Sleep Dirt - Shades of meaning
(50:00, Privatpressung, 2004)

Sleep Dirt ist sicherlich nicht nur für mich ein Begriff, der zuerst mit Frank Zappa in Verbindung gebracht wird. Davon ist das Bremer Trio aber weit entfernt. Im ersten Stück, das nur 40 Sekunden lang ist, höre ich Philip Glass heraus. Aber auch das ist eine Falle. Sleep Dirt haben nur diese eine kleine Gemeinsamkeit mit dem Minimalisten. Die Band steht für komplexen Progressive Rock, der hier metallisch hart und dort ein moderner Nachfolger der Holländer Ekseption ist. Sleep Dirt ist eine eigenständige Band, die Akzente zu setzen weiß und ein erstaunlich komplexes Spiel an den Tag legt. Marco van Tiggelen (g, voc), Frank Konditt (dr, back-voc) und Martin Zemke (b, back-voc) haben keine Plattenfirma, die sie unterstützt. Aber sie zeigen großes Geschick, was Songwriting und Arrangement angeht. Die Stücke sind vielschichtig und detailreich, rocken sehr gut und sind lebhaft bis rasant. Zahllose raffinierte rhythmische und motivische Wechsel machen die Songs interessant. Ich ertappe mich dabei, wie ich tief in der Musik versinke und mich dann frage, warum kein Label die Band unter ihre Fittiche nimmt. Die Eigenproduktion hat auch einige Schwächen, so ist die Songfolge etwas unglücklich gewählt. Das Schlagzeug hat keinen guten Sound, ist zu verhallt und knallig. Die Gitarre könnte druckvoller präsentiert werden und der Bass schwimmt etwas im Sound. Die metallischen Stücke haben schon mal einen etwas allgemeinen Charakter, sind aber trotzdem sehr gut gespielt. Das sind nur Kleinigkeiten im Vergleich zur musikalischen Qualität. Die Vielseitigkeit der Band zeigt sich im Programm. Neben schwer komplexem Progressive Rock spielen Sleep Dirt flotte, geschmeidige und wohlklingende Klassik-Adaptionen, die längst nicht kitschig sind, sondern von erstaunlichem Tiefgang und enormer Anziehungskraft, leider aber sehr kurz. Frank Konditt schreibt im Pressetext, dass die neuen Songs der Band weniger hart, dafür experimenteller sind. Klingt positiv, wenn die Härte der Songs auch kein Problem ist. Doch experimenteller bedeutet auf jeden Fall mehr Eigenständigkeit und weiterhin großen Abstand vom Mainstream, und das ist nur zu begrüßen. Das neue Material gibt es noch nicht auf CD, und die Band schätzt nach wie vor das alte Material von "Shades of meaning". Das kann ich gut nachvollziehen, ich ziehe die Songs auf der CD vielen Label-Produktionen vor, die musikalische Qualität ist einfach überzeugend. Die dynamisch rockende Band arbeitet sehr virtuos, hat viele Überraschungen in die Songs eingebaut und verblüfft mit geschickten, komplexen Breaks und harmonischen Wechseln. Ich würde mir wünschen, dass eine geeignete Plattenfirma sich des Trios annimmt und die Songs von "Shades of meaning" soundtechnisch neu produziert. Sleep Dirt ist eine sehr begabte Band mit einer mutigen, kraftvollen Platte, die mir gut gefällt. Bleibt, der Band ein Label als Partner zu wünschen.

Volkmar Mantei



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