CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)

Kino - Picture
(54:59, InsideOut, 2005)

Noch bevor sie überhaupt den ersten Ton aufgenommen hatten, bekamen Kino bereits den Stempel "Supergroup" verpasst. Sicherlich darf man einiges erwarten, wenn John Beck (It Bites), John Mitchell (Arena), Chris Maitland (ex-Porcupine Tree) und Pete Trewavas (Marillion) etwas zusammen auf die Beine stellen, mit der vorgefertigten Erwartungshaltung hier den Nachfolger von Transatlantic präsentiert zu bekommen, ist man jedoch gänzlich auf dem falschen Weg. Inzwischen kann man sich nach deren Auftritt im Rockpalast und durch das Anhören des Debüts des britischen Vierers sein eigenes Bild machen. Es ist vor allem John Mitchell, dessen Präsenz sich am deutlichsten bei Kino durchsetzt, und dies bedeutet, wenn man seine andere Band The Urbane kennt, vor allem hoher Melodieanteil, treibenden Gitarrenrock und griffige, auf den Punkt gebrachte Arrangements mit Tiefgang. Progeinfluss ist selbstverständlich auch bei Kino vorhanden, jedoch eher unterschwellig, sehr songdienlich verpackt und keineswegs direkt ins Gesicht. Trotzdem oder vielleicht auch gerade weil Kino ganz andere Stärken in den Vordergrund stellen, ist "Picture" ein Album, welches ein gewisses Suchtpotenzial besitzt. Die Band setzt so z.B. vermehrt auf mehrstimmigen Harmoniegesang, die Soloparts an Gitarre und Keyboards sind wohl durchdacht in die Songs eingewoben, kommen dafür aber umso mächtiger zur Geltung. Statt Komplexität, wird hier zielorientiert auf Rock und anspruchsvolle Popeinflüsse gesetzt. Das Spiel mit dynamischen, emotionalen Ausbrüchen wirkt bestens ausbalanciert. Mitunter nimmt jedoch der powervolle Breitwandsound fast schon cineastisches Format an Wenn man die einzelnen Bandeinflüsse zusammenfasst, so sind Kino grob umschrieben die Power, der treibende Rock von The Urbane mit dem richtigen Schuss modernen Progs, der sich immer noch in der Musik von Marillion, wie auch auf den Alben von It Bites findet. Mit dem richtigen Schuss an Eingängigkeit und Mainstream Orientierung, ohne jedoch die eigenen Wurzeln zu leugnen, sind Kino sicherlich für eine wesentlich breitere Hörerschicht interessant.

Kristian Selm



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