CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)

East Of Eden - Mercator projected
(69:52, Eclectic Discs, 1969)
East Of Eden - Snafu
(78:04, Eclectic Discs, 1970)

East of Eden war eine der ersten britischen Rockbands, die mit elektrischer Violine und elektrischem Saxophon experimentierten und einen progressiven Rock schufen, bevor der Begriff überhaupt seine Prägung fand. Indische Ragamusik, John Coltrane und Bela Bartók waren die Einflüsse, die dem psychedelischen Rock auf komplexer Rhythmusbasis melodische Weite gaben. Dave Arbus (sax, vi, fl, rec) konnte zwei Saxophone gleichzeitig spielen und war der Kopf des Unternehmens (bis Ende 1972). Mit Ron Caines (sax, org, voc), Geoff Nicholson (g, voc), Steve York (b, harm, p) und Dave Dufont (perc, dr) spielte Arbus einen ausgeflippten Sound ein, der über Jahre Geheimtipp blieb. Erst ihr 1970 aufgenommener Song "Jig-A-Jig" wurde zum Hit und brachte der Band breite Bekanntheit ein. Doch da war die Band personell weitgehend ausgetauscht und längst nicht mehr so außergewöhnlich, wie bei den beiden jetzt von Eclectic Discs remasterten und mit Bonustracks angereicherten CD-Auflagen. Von den 8 Songs auf "Mercator projected" klingt nicht ein Song wie der andere. Jedes Stück hat seinen eigenen Charakter. Was stets gleich ist, ist die hohe technische Begabung der Musiker, und ihr Engagement als Solisten. Sie improvisieren auf komplexen Rhythmen, rocken hart und spielen gleichzeitig heftig schräge Free-Jazz-Läufe auf dem Saxophon. Der Bass wird hochmelodisch gespielt und ist viel mehr als soundtechnische Verstärkung des Schlagzeugs. Besonders deutlich wird das in dem grandiosen Blues "Centaur woman", der wie ein Mix aus frühen Black Sabbath und Soft Machine (!) klingt und in seinem Höhepunkt ein wahnsinniges Basssolo zum Besten gibt. Als Bonustracks sind Demos von "Waterways" und "In The Stable of the Sphinx" (über 11 Minuten lang!) und das nach Album-Release im September 1969 eingespielte "Eight miles high" auf der CD. Schon zum zweiten Album gab es Umbesetzungen. Neben Arbus, Nicholson und Caines waren hier Geoff Britton (dr, perc) und Andy Sneddon (b) beteiligt. Der Jazzrock hatte seinen experimentellen Charakter nicht nur behalten. "Snafu" machte dem Vorgänger in Sachen schräger Jazz-Einflüsse ordentlich was vor. Insgesamt flippte die komplette Band viel heftiger aus, waren die Songs improvisativer, bisweilen gar völlig abgefahrener Free Jazz. Wie im zweiten Track "Leaping beauties for Rudy Marcus Junior", wo sich aus den zerfahrenen, kratzigen, harschen Saxophonlauten, die von einem heftig solierenden Schlagzeug begleitet werden, ein harter Rock entwickelt. Faszinierend, aber für ungeübte Ohren sicher nicht leicht nachzuvollziehen. So hat sich der Erfolg auch für das zweite Album in Grenzen gehalten, East of Eden waren Underground, ein Geheimtipp. Und wie das oft so ist, die Fans, die das Album ignorierten, hatten den Verlust dieser heftigen Musik zu erleiden. Denn längst sind die eher kurzen Free Attacken nicht alles. Die Band entwirft epische Dramatik und komplexe Strukturen vor allem im fetten Rockgewand. Die Violine trat zugunsten des Saxophons etwas zurück. Statt indischer gab es arabische Einflüsse und mit "Uno transito clapori" einen reinen Avantgarde Track, der spätere Electronic und Electro Acoustic vorwegnahm. Der Facettenreichtum macht die 8 Songs auf "Snafu" ungemein interessant. Die vielen ausgeflippten Motive und wilden Soli zeigen die großartigen musikalischen und technischen Fähigkeiten der Musiker eindrucksvoll auf. Samt 8 (!) Bonussongs (inklusive dem eher konventionellen "Jig-A-Jig" in 2 Versionen) kommt die CD auf 78 Minuten. Drei faszinierende unveröffentlichte Songs, das First Take von "Nymphenburger" und ein Single Edit von "Marcus Junior", alles übrigens im ausgezeichneten Klang, machen auch "Snafu" sehr interessant. Absolute Empfehlung für beide Reissues.

Volkmar Mantei



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