CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)

Nemo - Prélude à la ruine
(61:56, Privatpressung, 2004)

Zum wiederholten Male dreht sich inzwischen das dritte Album der französischen Nemo im CD Player, dabei dauerte es einiges an Zeit, bevor ich aus diesem Album so richtig schlau wurde. Nicht das "Prélude à la ruine" ein schlechtes Album wäre, mitnichten, vielmehr benötigt der irgendwie eigenwillige, nach Dauerbeschallung aber gleichzeitig begeisternde Progressive Rock Stilmix einiges an inhaltlicher Beschäftigung, um durchdrungen zu werden, um Haltepunkte für die Wiedererkennung zu finden. Das "Problem" von Nemo ist, dass sie irgendwie in keine der üblichen Schublade passen, hat man sich mit einer Richtung gerade angefreundet, folgt garantiert wieder ein Wechsel in eine andere Stilart. Dabei agieren die Franzosen keineswegs zu komplex oder abgehoben, aber sie machen es eben einem nicht gerade leicht. Da finden sich zuweilen Heavy Parts, die in Härte und Interpretation nahe dem Prog Metal angelehnt sind, ohne die Grenze zum Frickeln zu überschreiten , genauso ist hier jede Menge Raum für elegische, euphorische Gitarrensoli, die ganz deutlich eine sinfonische, neo-klassische Richtung einschlagen. Ob kurzfristige ganz leichte Space Rock Ausflüge, Rock mit französischem Unterton, der mitunter ins Chanson-artige abgleitet oder einfach mal ein leicht jazziger oder folkloristischer Touch - Nemo nehmen alles mit, was der reich gedeckte Tisch der Progressive Rock / Rock Spielarten so bietet. Bei den Keyboardsounds ist die Auswahl dann leider nicht immer so ganz geglückt, das reicht von Quietsche Keyboards bis hin zu flirrenden Synthiesounds bzw. Orgelklängen, ist aber glücklicherweise zum Großteil im absolut grünen Bereich. "Prélude à la ruine" ist zweifelsohne eine äußerst vielschichtige und nur schwerlich einzuordnende Scheibe, die bisweilen geniale Momente bietet, an manchen Stellen aber auch etwas orientierungslos herumeiert. Bei hat die Scheibe erst nach dem vierten Durchlauf richtig geklickt, was vor allem am hervorragenden Ende dieses Albums liegt. Letztendlich überwiegen somit bei weitem die positiven Eindrücke, so dass diese Band sicherlich in einem breiteren Prog Hörerkreis eine Chance verdient hat.

Kristian Selm



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