CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)
Amon Düül II - Pyragony 10th
(38:27, Garden Of Delights, 1976)
An "Pyragony" ist gut abzulesen, welch harten Wandlungen der Zeitgeist der 1970er Jahre ausgesetzt war. Waren zu Beginn des Jahrzehnts abstrakter Musikgeist, stilistische Unabhängigkeit, Eigenständigkeit und wilde Vitalität gefragt, was Amon Düül II in psychedelischen Meisterwerken unvergleichlich und radikal zu schaffen wussten, so entspann sich in der kurzen Zeit des Progressive Rock (circa von 1971 bis 1974) anschließend die Komplexität der Rockkunst zu magischen Alben, woran Amon Düül II wiederum so gut wie keinen Anteil hatten. Die Band hatte eine andere Vorstellung von Musik; weniger Kunst, mehr Radikalität, nicht die große Komposition, eher die Verwirrung einfacher, ausgeflippter Strukturen lagen der Band. Ab 1975 wurde Mainstream bestimmend. Ganz schlimm wurde es 1977, als Punk und Disko das Gros des Publikums aufsogen und Bands zwangen, wollten sie erfolgreich sein, "vom hohen Ross herunterzukommen". Fast alle stürzten ab. Auch hier waren Amon Düül II Vorreiter. Ab 1975 und ganz gewiss 1976 mit "Pyragony" spielten die einst geliebten Psychedelic Helden artigen, harmonischen Poprock, der eher die diesig-softe Variante des Progressive, denn die Verkümmerung des Psychedelic Rock verkörperte. Klaus Ebert und Stefan Zauner waren neu hinzugekommen. Urgestein Chris Karrer, Peter Leopold und John Weinzierl waren als Überreste der alten Band dabei. Einige bessere Stücke, wie der Opener "Flower of the orient", das leider von Keyboards fürchterlich zugekleisterte "Crystal hexagram" oder die Idee von "Sally the seducer" sind ganz nett, auch in weiteren Songs gibt es Motive und Momente, die überraschen. Insgesamt aber ist das Album eher peinlich und lächerlich. Sicherlich zeigten die Musiker sich als gute Instrumentalisten, was sie früher absichtlich ignoriert hatten (oder nicht waren). Doch dafür waren die Kompositionen, die Arrangements und das, was die Songs so anfüllte, dürftig und geradezu kitschig. Die Band war an einem Tiefpunkt angekommen. Trotzdem oder gerade deswegen ist die CD zu empfehlen. Wer sich einen Eindruck von Höhenflügen und anschließenden tiefen Stürzen machen will, bekommt hier ein gutes Beispiel. Zudem ist die Geschichte der Band im Booklet ausführlich nachgezeichnet worden.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2004