CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)
The Muffins - Double negative
(78:10, Cuneiform, 2004)
"Double negative" das zweite Muffin Album nach deren Reunion im Jahr 1998 nimmt den Begriff "progessiv" in der wahren Bedeutung sehr wörtlich und versucht sich daran, Musik neu zu definieren, bisher vorhandene Grenzen zu überschreiten. Dabei wird sich meist an den Grenzen von Jazz Rock, moderner Klassik und Avantgarde Rock entlang gehangelt, auch wenn das Endresultat dann doch weit weniger "neuartig", sogar sehr klar strukturiert, ohne orientierungsloses Freispiel ausfällt. Dass aber so ein Ansatz nicht gerade einfach zu bewerkstelligen ist, beweist der Blick ins Booklet, denn schaut man sich die verbissenen, entschlossenen Gesichter der Musiker an, so scheint die Musik der Muffins eine wirklich ernste Angelegenheit, ohne jegliches, lockeres Augenzwinkern zu sein. Dennoch erstaunen einen die Muffins nicht mit atonaler Kompromisslosigkeit, sondern ihre Einfälle wirken melodisch fokussiert, rhythmisch meist direkt und geradlinig gehalten, bisweilen finden sich in den interessante Ideen sogar Elemente, die Erinnerungen an "echten" Progressive Rock im Canterbury Stil aufkommen lassen. Dennoch sind es meist die verschiedensten Blasinstrumente (Saxophon, Flöte, Klarinette), die für ein besonderes Klangambiente sorgen. Der amerikanische Fünfer, der sich zur Unterstützung gleich ein kleines Kammerorchester mit ins Studio eingeladen hat, benötigt keine ausufernden Strukturen, sondern bei den Muffins tummeln sich auf dem aktuellen Longplayer gleich mal 17 Titel, die aber dennoch vor Abwechslungsreichtum nur so strotzen. Vor allem durch die Hinzunahme der Streicher erfährt die Musik eine Anlehnung an den Chamber Rock von Bands wie Univers Zero, an anderen Stellen klingt der Bigband Sound der Muffins wiederum so, als ob die Blues Brothers so tief in den Topf mit den psychedelischen Pilzen gegriffen hätten. Nicht unbedingt das, was im Normalfall den Weg in meinem Player findet, da ich nicht ein sehr großer Freund von zu viel Blechgebläse bin, aber es bleibt doch immer interessant mal die Fühler außerhalb der eigenen Hörgewohnheiten auszustrecken, auch wenn "Double negative" aufgrund seiner Länge einige Kürzungen hätte vertragen können.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004