CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)

The Mahavishnu Project - Phase 2
(73:27 + 73:27, Aggregate Music, 2004)

The Mahavishnu Orchestra war eine der bedeutendsten und wichtigsten Jazzrock-Bands der 1970er Jahre. Viele ihrer Songs und Alben sind Klassiker des Genres, absolut zeitlos und von außerordentlicher Qualität und Dynamik. Hier hat Jazzrock seine Kraft und Virtuosität erfahren und in seiner unglaublichen Lebhaftigkeit Massen an nachfolgenden Musikern inspiriert. Spätestens in 200 Jahren, wenn so genannte U- (Unterhaltungs-) Musik seit mindestens 250 Jahren neben e- (ernster) Musik existieren und als zum Canon der Klassik gehörig akzeptiert sein wird (was heute im Jazz schon erste Schritte macht), wird die Musik dieser Band wechselnder Musiker um John McLaughlin als über Grenzen hinaus ernst genommener Meilenstein betrachtet werden. Heute sind die Scheuklappen noch zu groß, die Gefühle der Klassik-Gilde noch zu verletzlich. John McLaughlin selbst macht längst nicht mehr Musik dieser Heavyness. Ein paar LPs vor und nach dem Mahavishnu Orchestra (vor allem das fulminante "Electric guitarist" von 1978 sei genannt) hatten diese Virtuosität und Kraft, diese exzellente Verbindung von hartem Rock und vibrierendem Jazz. Seit langem hat er den Rockanteil seiner frühen Alben weggelassen und spielt sehr guten Jazz, in eigenen Arrangements. Doch kürzlich äußerte er sich begeistert über ein junges Projekt, dass seine Musik spielt. Von ihm autorisiert, ist The Mahavishnu Project nicht länger zu ignorieren. In den USA feiert die Band längst Live-Konzerte und verzückt alte und neue Fans. Pete McCann (g), Steve Hunt (key), Stephan Crump (b), Rob Thomas (vi) und Schlagzeuger und Vibraphonist Gregg Bendian, der unter eigenem Namen und mit anderer Band selbst einige sehr interessante Alben zwischen Jazz und Rock eingespielt hat, sind natürlich andere "Handwerker". Sie haben ihren eigenen Ansatz, ihre eigene Spielweise, eigene Technik, ihr ganz eigenes Improvisationstalent. Doch sie spielen, bis auf eine Ausnahme, das legendäre Programm der ersten beiden Mahavishnu Orchestra - Platten mit wahrhafter Magie. Dabei ist zu spüren, dass die 5 Musiker aus dem Jazz kommen, aber durchaus Lust haben, dieses Grenzgelände zum Rock mit kraftvoller Heavyness und improvisationsfreudiger Dynamik durchzupflügen. Dabei werden die Songs um einiges länger als die Originale, etliche Stücke sind über 10 Minuten lang, allein "Awakening", im Original 3.32 Minuten, bringt es hier auf 18:53 und ist damit das längste Stück. Das schönste ist jedoch nicht, dass diese 2CD käuflich zu erwerben ist und damit die Wohnzimmerwände zum Beben bringen kann. Das schönste ist, dass angedacht ist, die Band im Herbst dieses Jahres durch Good Old Germany touren zu lassen. Der Veranstalter ist erprobt, hat er doch jüngst The Musical Box (DIE autorisierte Genesis - Coverband mit originalgetreuer Bühnenshow) durch die deutschen Lande geschickt und für Entzücken in der Symphonic Rock Gemeinde gesorgt. Das Know How stimmt, bleiben nur die Termine abzuwarten. Kann ich kaum erwarten!

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2004