CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)

Lars Hollmer Yuriko Mukoujima Duo - Live and more
(28:24, Tutinoko Records, 2004)

"Live and more" ist mit seinen 7 Songs gerade einmal 28 Minuten lang. Gewöhnungsbedürftig die Musik des Duos. Lars Hollmer, Mitbegründer und immer wieder mal Mitglied der immer wieder mal existierenden schwedischen Avant Prog Combo Samla Mammas Manna, die vor allen Dingen in den 1970er Jahren fabelhaft verschrobene Alben eingespielt hat, ist in der japanischen Avant-Szene so etwas wie ein kleiner Gott. Dabei ist der Akkordeonist in den letzten vielen Jahren vor allem durch seine folkloristischen bis merkwürdigen Platten aufgefallen. Das tut seinem Ruf wohl keinen Abbruch. Auf Yuriko Mukoujima, die hier vor allem Violine spielt und für Soundeffekte steht, ist er zum ersten mal im Dezember 2000 getroffen, als das Projekt Sola (das ein fabelhaftes Avant Folk Prog Album schuf) angegangen wurde. Die beiden spielten häufiger zusammen und so ist es im März 2003 zu einem Konzert gekommen, in dem vier der auf der CD vertretenen Stücke mitgeschnitten wurden. Drei weitere Songs sind in Tokio im Studio eingespielt worden. Die Songs sind vollkommen von Hollmers Akkordeon dominiert, während Yuriko elegische Violinensoli beiträgt. Gemütlich ziehen sich die Songs dahin, leise und harmonisch, von anmutiger, kuscheliger Melodie; typisch schwelgerischer Hollmer-Folk, bis mit Song 4 plötzlich ein hinreißend ausgeflipptes Stück Musik ausfranst. Plötzlich schwebt die Violine in bester Spacerock-Manier über den kantigen Akkordeon-Strudeln, das ganze endet mit seltsamen Pfeiftönen und dem Lachen des Publikums. Fabelhaft! Danach klingt es ganz wie in einem schwedischen Dorf mitten unter den Hühnern, die haben auch viel zu erzählen, diese Viecher! Da muss die Musik auch mal schunkelnd und betrunken über den Anger schleichen... Und dann ist da noch "Through glass", fast ein Longtrack mit seinen fast 7 Minuten. Ein symphonisches Folk-Motiv, das wie die Tonwerdung von Feld und Flur klingt. Eine malerische Komposition, zwar von heiterer Note, aber doch einiger Schwermut. Und ziemlich verrückt, was die wechselhaften Sounds und schmucken Rhythmuseinwürfe betrifft. Sehr schön. Zum Schluss kann es nur eine melancholische Ballade geben, die wie ein schwedischer Western klingt, auf breitem Keyboardpanorama, als könnte nur eine Mahler-Symphonie der Teppich für solch eine Idee sein. Auch wenn diese Songs in all ihrer fröhlichen Leichtigkeit und schwermütigen Sanftheit gewiss keine Medaille bekommt, so vermittelt die Musik doch Lebensgefühl und Sympathie. Die Mini-CD ist die Verneigung des japanischen Faibles für Samla Mammas Manna und Lars Hollmer und baut jeder schwedischen Rock-Avantgarde ein Denkmal. Die CD wird ein Geheimtipp bleiben, und für manche schwermütige Minute ein guter Grund sein, sich damit auszuruhen.

Volkmar Mantei



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