CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)
Death & Taxe$ - The Alaska 12 expeditions
(52:11, Privatpressung, 2004)
Der Name Death & Taxe$ ist der Band zur schrecklichen Wahrheit geworden. Bassist und Komponist Thomas Patrick Shannon erlag am 12. November 2002 seinem langjährigen Krebsleiden. Die meisten Songs und Ideen des jetzt veröffentlichten Albums hat Tom geschrieben, bereits schwer von der Krankheit gezeichnet. Aufgenommen wurden die Songs nach seinem Tod von Vince Martinez (g, voc, b) und Dean McCall (dr, perc) samt etlicher Gäste. Einige der Bassfiguren hatte Tom noch eingespielt, so die Bass-Soli Track 2 und 11. "The Alaska 12 expeditions" ist ein ungemein dichtes, beeindruckendes, wahnsinnig emotionales Album geworden. Teilweise eiskalt in der tonalen Struktur, hoch sensibel in extremen Soli, kraftvoll und hart in Breaks und Melodiewechseln. Nach einem leisen Part schleppt das Schlagzeug den Rhythmus aus, worüber die Gitarre schneidende, schleifende Kreischtöne jagt ("Misunderstanding a little less completely"). Das erinnert an unausweichliche Momente in Gruselfilmen, in denen grässliche Monster über weißen Nebel heranschweben. Dann gibt es liedhafte Stücke ("Revolver", "Famous strangeness"), Blues Prog ("Death:theory") und harten Prog Metal ("The suffer ring", "It is now becoming fantastic"). Die Songs sind sehr vielschichtig, komplex, emotional und wirken trotz allem Selbstbewusstsein verschreckt und aufgescheucht. War sicher keine stets so nette Sache, die Songs ihres Kumpels einzuspielen, der bereits verstorben ist, aber nichts mehr wünschte, als diese Musik zu machen. Die Welt hat wieder einen ausgezeichneten Musiker verloren und niemand scheint davon Notiz zu nehmen. Gänsehaut-Hammer und gruseliger Höhepunkt ist das 6-minütige "Terrifying anticipations of the unspeakable". Die Vertonung des Todes. Zuerst ist nur eine Kirchturmglocke zu hören, in die sich die Band mit einem Jazz-Prog-Motiv einarbeitet, hart und unbarmherzig, sehr gruselig. Die tiefe, verzerrte Stimme klingt wie direkt aus der Hölle, und die Glocke hört nicht auf zu schlagen. Auf die Dauer der 6 Minuten wirkt das Stück mit seiner Dramatik überdreht komisch, wie wahnsinnig. Und dann verklingt die Musik, wird leiser, leiert langsam aus, bis sie zum Stillstand kommt, als würde ein Herz aufhören zu schlagen, die Glocke selbst leiert auch, wird langsamer, aber als die Musik verklungen ist, wird sie wieder schneller und der Ton schwankt noch einige Sekunden. Des Grusels kitzligster Moment! Danach kommt nur noch ein halbminütiges Bass-Solo von Tom Shannon, ein fast schon fröhliches, melancholisches Motiv, herzhaft, das mit falschem Ton abbricht. Lange noch, nachdem die Musik verklungen ist, wirkt sie nach, sitzt im Raum und den Ohren und die Stille ist wie der Tod. Death & Taxe$ haben mit "The Alaska 12 expeditions" ein sehr tiefgehendes, ernsthaftes, dennoch warmherziges und lebensfrohes Album abgeliefert, das nicht auslässt, düstere Klänge zu erzeugen, vom Tod zu berichten und ihm eine tonale Gestalt zu geben. Es fällt mir schwer, es ausgezeichnet zu nennen. Aber das ist es. Ein so progressives Prog Metal Album hat es lange nicht gegeben, ein so berührendes, musikalisch überaus grandioses Album wird ein Höhepunkt bleiben. Hier ist der Schicksalsschlag zur großen Inspiration geworden. Und wenn alles richtig läuft, dann werden die verbliebenen Jungs dafür tüchtig Steuern zahlen. Nichts ist so sicher wie Tod und Steuern, Death & Taxe$.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2004