CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)
Six-Fing Thing - Our children
(39:44, Dog Fingers Recordings, 2003)
Six-Fing Thing ist das Solo-Projekt des extravaganten Musikers James Cobb, der mit Hilfe einiger weiterer Musiker, Interviewer und Laptop-Benutzer das aufwändige und komplexe Avant-Elektro-Werk "Our children" eingespielt hat. James Cobb spielt Saxophon, Flöten, Keyboards, programmierte die Rhythmus-Maschine und besetzt die Position an Software und Laptop. Bobdog Catlin, weiß gewandeter Fleischberg, der ebenfalls am Laptop sitzt, spielte zudem Gitarre, Bass, Piano und half an verschiedenen diversen weiteren Punkten, das Werk zu dem werden zu lassen, was es ist. Weiterhin ist Rhoda Hockett involviert, die für das Werk Kinder interviewte, selbst aber nicht zu hören ist. Nicht zuletzt sind diese etlichen Kinder zu hören, die mit Stimmen aus dem Off die Musik des Werkes anreichern. Dabei erzählen die Kinder von ihren Vorlieben, was sie mögen, was nicht. Musikalisch sind die Stücke irgendwo zwischen Avantgarde Rock, Ambient Loops, trance-artigen Manipulationen, Jazz und Neuer Musik zu sehen. Eine ungewöhnliche, beeindruckende Mischung, die wie ein Strudel ins Hirn zieht und dort einen wohligen Schauer auslöst. Das elektronische Equipment hat das Sagen, verfremdete Stimmen und Töne, Rhythmen (kein Techno!) und Stimmungen verschiedener emotionaler Stufen blubbern, rasseln und strömen aus den Boxen. Das reiht sich nicht in den Zeitgeist, sondern setzt ihm mit gleichen Mitteln anspruchsvolle, dissonante und ausgeflippte Soundmodelle entgegen. Keine leichte Aufgabe, aber ansprechend gelöst. Mit herkömmlicher Rockmusik hat das wenig zu tun, entspringt eher dem Verständnis elektronischer Vorbilder, erstaunlicher Weise in einer ausgeklügelten und interessanten Vermischung mit jazzigen Motiven und Einflüssen Neuer Musik. Insgesamt ist "Our children" trotz aller harschen, lauten, krachigen Momente ein Ambient-Werk. Vielleicht die Avantgarde dessen, auf jeden Fall kein gewöhnliches, alltägliches Format, sondern ein künstlerisches, lebendiges Werk mit melodischem Verständnis. Jedoch das Cover in all seiner künstlerischen Aussage und Tiefe ist ästhetisch ein Graus, und damit irgendwie perfekt. James Cobb arbeitet bereits am folgenden Six-Fing Thing Werk.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2004