CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)
Razor Wire Shrine - Going deaf for a living
(45:36, PMM, 2004)
Das Brüderpaar Chris und Brett Rodler sorgte in den letzten 10 Jahren mit ihren diversen Projekten (z.B. Leger De Main, RH Factor, Gratto, Mythologic) immer wieder für neue Höreindrücke. Ihr neuestes "Kind" nennt sich Razor Wire Shrine, bei dem sie mit dem Gitarristen Mike Ohm zusammenarbeiten. Musikalisch geht es in den rein instrumentalen Kompositionen, in rhythmisch und harmonisch ausgefeilte Regionen. Dabei wird jedoch keineswegs auf einen relativ harten, progressiven Unterbau verzichtet, denn man so oder in leicht moderater Form immer wieder bei den Rodler Brüdern wiederfindet. Doch auch wenn man hier deutliche Facetten des Prog Metals in Ansätzen hört, ist "Going deaf for a living" weit von dem entfernt, was landläufig in diesen Genretopf geschmissen wird. Die Ideen für dieses Album gehen bis ins Jahr 1997 zurück, aber erst letztes Jahr wurden die finalen Handgriffe mit Mix und Mastering angelegt. So viel Feinarbeit in die Produktion gesteckt wurde, so viele kompliziert ausgedachte Details findet man auch in der Musik wieder. Mit der Umschreibung "Pretty crazy stuff" bringt es Chris Rodler auf den Punkt, denn das virtuose Gefrickel, mit nur seltenen Ruhepausen, an Gitarre, Bass und Schlagzeug in allen möglichen Taktabfolgen, ist nicht gerade leichte Kost. Somit fällt "Going deaf for a living" folgerichtig in das Dilemma einer typischen Technikscheibe. Einerseits steht das technische Können der drei Beteiligten außer Frage, andererseits sind die Unterschiede in den Songs durchaus erkennbar, aber letztendlich nur marginal, was das Auseinanderhalten und das Wiederfinden einer "Seele", äußerst schwierig gestaltet. Den Vorwurf, nur mit den gleichen Mitteln zu arbeiten, kann die sehr abwechslungsreiche Gitarrenarbeit durchaus wegwischen, denn neben Griffbrettgefingere, wird zudem mit den unterschiedlichsten Sounds und Spielarten experimentiert, wodurch keineswegs eindimensionale Saitenklänge entstehen. Griffige Einfälle fürs Gedächtnis findet man jedoch recht wenig wieder, es ist mehr der kompakte Gesamtsound, das auf den Punkt gebrachte Zusammenspiel, welches trotz aller Komplexität beeindruckt. "Going deaf for a living" ist somit vor allem etwas für die Technikfreaks der härteren Prog Gangart.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004