CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)
Moongarden - Round midnight
(52:31, Galileo Records, 2004)
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich diese Band nur vom "Hören und Sagen" bzw. in diesem Fall eher vom "Lesen und Sagen" her kenne, ein Hörgenuss ist mir bis jetzt leider immer verwehrt gewesen. Und gleich am Anfang sei gesagt, das einzige Problem was ich mit der Veröffentlichung hatte, ist die Festlegung des Stils (siehe oben), denn das Gehörte kurz in Worte zu fassen ist nahe zu unmöglich, da Moongarden hier einen Streifzug aus der komplette Palette bieten. Die Kombination geht vom Artrock zum Neo- und Retroprog, über einige New Age und Pop Elemente, ja sogar etwas an klassischen Momenten mit Cello oder Oboe sind auszumachen. Und das macht dann auch den unvergleichbaren und eigenständigen Stil der italienischen Formation aus. Jeder Song wirkt irgendwie anders, bedingt durch andere Strukturen, Stimmungen oder die ständig wechselnde Instrumentierung, und strahlt somit auf seine Art und Weise das Gewisse etwas aus. Auch wenn das Album allgemein mit einem sehr sphärischem Ambiente und einer recht melancholischen Grundstimmung durchzogen ist. Die Auswahl der Instrumente mit z.B. Mellotron, Moog, Piano sind zwar eher den Siebziger verbunden, doch werden diese nicht ganz so ausladend, eben immer fein dosiert eingesetzt, sowie gekonnt mit moderneren Loops und Rhythmen verbunden. Der Titeltrack "Round midnight" könnte beispielsweise ohne weiteres auch heutzutage im Radio gespielt werden, zumindest in einem anspruchsvollem Sender versteht sich. Neben Hauptkompositeur Cristiano Roversi der sich zudem für alle Tasteninstrumente und Programmierungen zuständig zeigt, ist noch Gitarrist David Cremoni und besonders Schlagzeuger Massimiliano Sorrentini noch hervorzuheben, der teils abartig und absolut eigenwillig die Drums bedient. Aber auch Sänger Luca Palleschi trägt mit seiner markanten und etwas weinerlichen Stimme seinen Teil dazu bei. Oftmals werden mehrere Gesangslinien von ihm übereinandergelegt, und leicht verzerrt dargeboten. Trotz der Songdichte ist ein Titel besonders hervorzuheben und zwar der längste und gleichzeitig auch die progigste Nummer "Learning to live under the ground" der jeden Prog-Fan vom Hocker reisen wird. Gleich zu Beginn mit härteren Gitarren und teilweise mit Double-Bass-Drums wunderbar treibend und düster vorgetragen, da kommt Gänsehaut-Feeling auf. Wenn man wieder mal den hinkenden aber oftmals doch helfenden Vergleich zu anderen Bands bemühen will, so ist die Basis von Moongarden irgendwo zwischen Porcupine Tree, Radiohead, Marillion (zumindest auf den Alben "Brave" und auch "Marbles"), IQ und auch etwas bei King Crimson ("The power to believe") zu suchen. Natürlich ist diese musikalische Mischung eine schmale Gradwanderung der anzusprechenden Hörerschaft, doch ist die Gefahr, in eine kommerzielle Richtung abzudriften wie selbstverständlich, zu keiner Zeit gegeben. Wer also mit dieser aufgeschlossenen Ausrichtung etwas anfangen kann, der sollte schleunigst zugreifen, er wird mit einem sehr, sehr gutem und abwechslungsreichem Album belohnt. Aber auch alle anderen die mehr auf den klassischen Prog stehen sollten unbedingt mal antesten, denn auch für sie gibt es einiges zu entdecken.
Andreas Kiefer
© Progressive Newsletter 2004