CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)

Arf - Wudn
(51:21, Privatpressung, 2004)

So manche Öko-Idee kreiste schon durch die Köpfe von Musikern, wenn es darum ging, die anstehende CD nicht in Plastik-Schrott zu packen, eine Alternative zu finden. Arf haben einen Ahorn abgesäbelt und in Scheibchen geschnitten, hinein mit dem Silberling, Motiv aufgedruckt (eingebrannt?) und fertig ist die Verpackung! Das freut die Öko-Liga sehr, die gewiss schon nachrechnet, wann Europa so kahl ist wie die Osterinsel (bei der Masse an Popmusik-Veröffentlichungen im Jahr)... Arf lächeln mit einem bösen Grinsen im Mundwinkel dazu und denken sich ihr Teil. Das Trio hat es nicht nur mit Verpackungsideen dick hinter den Ohren. Sie schreiben Texte, die genauso nett sind. Hört euch nur "Is it a dream?" an. Gitarre und Stimme sind gar lieblich, beschwingt fliegt das Lied dahin. Bis..., my goodness, das böse "FUCK"-Wort ohne Ende gesungen wird. Und wieder böses Lächeln. Verdammt, das steckt an. Noch mal dieser Song: mitten drin gibt es eine kurze, deftige Punk-Sequenz und das kommt sehr, sehr gut, die Jungs haben es drauf, anzustecken, das muss ich immer wieder hören! Song Nummer 7 ist das einzige Stück mit deutschem Text. "Im Klo eingesperrt" könnte wirklich ein Hit werden, wenn die Radiostationen heute nicht von schwachköpfigen Idioten besetzt wären. Bleibt zu befürchten, dass dieser dämlich-süße Song der breiten Masse vorenthalten wird. Schöne Scheiße! Aber wenn es die Ärzte ins Radio schaffen, warum nicht auch dieses fabelhafte Liedchen. Der Refrain setzt sich tief ins Bewusstsein, so dass selbst jede Bürotante das Lied auf dem Klo pfeifen wird, garantiert! Hoffentlich bekommen wir es mit! Arf heißt die Band, kommt aus der Schweiz und hatte vor drei Jahren schon mal ein Album veröffentlicht ("Butterflies - collected Ballads"). Arf, Arf, war da nicht was? Unser aller Vorbild Frank Zappa, eben der mit dem schwarzen Pudel, könnte wohl als Erfinder dieses, ähm, Wortes stehen. Ebenso steht er bei dem Trio aus der Schweiz als Inspiration ganz vorne. Das fängt gleich beim 8-minütigen Opener an, einem grandiosen Avantrock von außerordentlicher Faszination. Nicht nur durch die Texte zieht sich diese Inspiration, ebenso durch die Texte, Arrangements und den verinnerlichten bösen Humor, der stets aus jeder Sekunde dieser Platte sprüht. Aber Arf sind sehr eigenständig. Poprock und Punk haben es ihnen auch angetan, das beweisen sie mit zumindest der Hälfte dieser absolut tollen Songs. "Wudn" steht dafür, dass die Jungs ungeheuer gut zu komponieren & arrangieren wissen. Nicht zuletzt beim 8. Stück "Brush yer teeth", bei dem meine Anlage plötzlich kaputt geht. Auf einem Kanal spielt sich die Musik ab, bis kurz vor Schluss - auf dem anderen Kanal - Gottseidank, Mickey Maus mitsingt, doch nicht kaputt. Der Übergang in das punkrockige "Thunderwall (The one who shave me)" ist fließend. Arf brettern ordentlich was los, rocken Himmel und Hölle zu Brei und die Erde gleich mit. Wäre jetzt nicht mehr schlimm, wenn die Menschheit untergehen würde. Ich habe die Platte gehört. Aber nein, da war ja noch was: im Sommer können wir Arf auf der Zappanale erleben. (Ist sowieso besser, wenn das Leben nach dem Sommer vorbei ist, oder?) Avant-Freaks, Progheads und aufgeweckte Rocker unter Sonne und Mond: diese Musik ist eine Offenbarung! Unbedingte Empfehlung!

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2004