CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
Woolly Wolstenholme - Black box recovered
(77:23, Eclectic Discs, 1980/81/2003)
Durch seinen Keyboardeinsatz und vor allem oftmalige Mellotronverwendung prägte Woolly Wolstenholme den Sound von Barclay James Harvest in den 70ern maßgeblich. Wolstenholme war zwischen 1967 bis zu seinem Ausstieg 1979 vor allem für die epischen, sinfonischen, teils pastoral klingenden Stücke der Band verantwortlich. Nach seinem Ausstieg bei BJH verflachte die klangliche, wie kompositorische Bandbreite der Briten zusehendst, auch wenn sie gerade in den frühen 80ern in Deutschland ihre kommerziell erfolgreichste Phase feiern durften. Dabei begründeten jedoch mehr poppige Titel, wie z.B. "Life is for living", den große Hallen füllenden Erfolg. Mit seinem Soloalbum "Maestro" setzte Woolly Wolstenholme 1980 seinen eigenen Ansatz konsequent fort, der in dieser Art keinen Platz mehr in der Musik von BJH zu finden schien. Anschließend begannen die Arbeiten für den Nachfolger "Black box", der 1982 veröffentlicht werden sollte, jedoch leider nie seine Vollendung erreichte. Letztes Jahr machte sich Wolstenholme endlich daran, die finalen Handgriffe am Material von "Black box" anzulegen. "Black box recovered" enthält nun das komplette ursprünglich geplante Album, einen bisher unveröffentlichten Song, vier Demos vom "Maestro" Album, sowie einige Livetitel, 1982 in Wien als Audience Recording aufgenommen, womit das Kapitel "Black box" geschlossen und die Arbeit von Wolstenholme entsprechend gewürdigt wird. Wie bereits bei Barclay James Harvest, schwanken die Ideen von Wolstenholme zwischen verträumter, leicht trauriger, sinfonischer Seeligkeit, bis hin zu netten, sachten Melodien, die hier und da an der Grenze von Belanglosigkeit und Schmalz kratzen. Man merkt den Titeln bisweilen recht deutlich an, dass sie einer Zeit des Umbruchs entstanden, als der Punk den überladenen, selbstherrlichen Progressive Rock weggeweht hatte, einfachere Strukturen wieder ihren Teil in der Musik fanden. So schwingt hier und da der mehr stromlinienförmige Geist der 80er mit, Wolstenholme schwankt zwischen dem elegischen Pathos der Vergangenheit, sowie der Anpassung an den damaligen Zeitgeist. Jedoch gelingt ihm der Spagat ohne zu peinlich oder anbiedernd zu wirken, ohne das man von der Hand weisen kann, dass dieses Album in den 70ern sicherlich ausladender und orchestraler ausgefallen wäre. Besonders bei den mehr melancholischen, getragenen Stücken, die oftmals nur den Keyboards und der sanften Stimme des Briten getragen sind, spielt er seine Trümpfe voll aus. Traurig und zugleich hoffnungsvoll kriechen die Töne aus den Boxen. Leider feiert dabei das Mellotron nur noch selten seine Rückkehr. "Black box recovered" ist vor allem etwas für die Fans von Barclay James Harvest und den typischen Wolstenholme Sound, denen der Ausstieg des Keyboarders immer noch schmerzt. Eine schöne Zeitreise für verträumte Romantiker.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004