CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
Subject Bias - Average potential
(38:15, Front Records, 2003)
Der verschleppt melancholische Emo-Rock der Indie-Produktion Subject Bias ist die moderne Alternative zum Progressive Rock. Zwar kein Stück das, was dem Prog-Verständnis nach "progressiv" ist, aber im nachgewachsenen Geiste dessen geschaffen; zwei Generation jünger, schlichter, eindrücklicher. Dabei jedoch viel weniger aufwändig, komplex, lebendig, aussagekräftig und wüst. Die Band um Kevin Ouellette reizt den Begriff Melancholie musikalisch tief aus, die zumeist still inszenierten Songs (die trotz der ausgeprägt melancholischen Orientierung nicht ein Stück skandinavisch klingen) strömen wie eiskaltes Nebelgeschwader dahin; reizvoll, aber nicht erschöpfend. Die kühle Note ist interessant und frisst sich in die Nervenbahnen ein, ohne aber dauerhaft einzuhaken. Dabei ist die Stimme von Kevin Ouellette perfekt, sind die Instrumente, klimpernd, plärrend, knallend, sirrend, ungemein inspiriert ins emotionale Licht gebettet. Die Eigenart schafft Identität und kann Fans anziehen, aber funktioniert auf Dauer seltsamer Weise nicht. Zu wenig passiert in den Songs, zwischen Stille und Lärm findet Verzückung statt, die nicht ermattet, sondern verwirrt. Tolle Musik, selbstbewusst, cool, aber doch nicht verführerisch genug. Die Inspiration zu diesem Sound kommt nicht aus den Siebzigern, sondern aus den Neunzigern. Um Zugang zu finden, braucht man Verständnis für und Lust auf moderne Klänge. Da ist eine neue Generation am Werk, die ihre eigene Musik schafft und unter Komposition, Melodie, Arrangement ganz andere Dinge versteht als das, was in den ersten 20 Jahren Rockmusik bestimmend war. Weg von klassischen Einflüssen, hin zu neuer Schlichtheit, die in rassigen Schrammeleien den Nerv der Zeit trifft.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2004