CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
Orphaned Land - Mabool (The story of the three sons of seven)
(68:04, Century Media, 2004)
Völkerverständigung kann auf musikalischer Ebene manchmal so einfach sein. Die aus Israel kommenden Orphaned Land schaffen mit ihrer Musik das, was den Politikern in jener Region nur schwerlich gelingt, nämlich jüdische und arabische Mentalität unter einen Hut zu bringen. Auf ihren Konzerten headbangen Menschen aus Israel und arabischen Ländern Seite an Seite, bilden eine verschworene Gemeinschaft. Das Erfolgsrezept ist schnell erklärt: harte Klänge sind geschickt mit arabischen Anleihen verbunden, die metallischen Wurzeln reichen von aggressiven bis hin zu melodischen Parts, decken die Bandbreite von Progressive bis zu Black Metal ab, greifen aber ebenso beherzt bei orientalischer Folklore bzw. klassischen Anleihen zu. Die Vocals auf dem aktuellen Werk teilen sich gleich in fünf(!) Sprachen auf, nämlich Englisch, Hebräisch, Arabisch, Jemenitisch und Latein. Hinzu kommt noch die eigene Kunstsprache Gibberish (schönen Gruß an dieser Stelle an Spock's Beard), sowie klassische Gesangsparts. Durch den übergreifenden Spannungsbogen der Kulturen entsteht bei Orphaned Land manch interessanter Brückenschlag. Auch wenn gerade die kurzfristigen Röchel- und Grunzeinlagen gewöhnungsbedürftig sind, so gibt es gesanglich jede Menge "normalen" Ausgleich. Die Grundideen von Orphaned Land fußen eindeutig in der metallischen Welt, doch nicht nur mannigfaltige Breaks und überraschende Songwendungen sorgen für Abwechslung. Was besonders kernig zündet, ist der deutlich orientalische Einschlag in mannigfaltigen Schattierungen, der von fremdartigen Gesang, ungewöhnlichen Melodien bis hin zum Instrumentarium reicht. "Mabool" ist in jeglicher Hinsicht ein spannendes und ungewöhnliches Album, das hoffentlich bei alles Kulturen auf offene Ohren stoßen wird. Reinhören für metallene Gemüter lohnt sich!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004