CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
New Eden Orchestra - Anyman
(64:32, Privatpressung, 2003)
Nicht überall, wo NEO draufsteht, ist ausschließlich nur Neo (Prog) drinnen. Das New Eden Orchestra hat mit NEO zwar ein verfängliches Kürzel gewählt, sie nutzen aber glücklicherweise nicht nur die hinlänglich bekannten musikalischen Blaupausen. "Anyman" ist ein Konzeptwerk, welches sich mit den verschiedenen emotionalen Höhen und Tiefen des alltäglichen Lebens beschäftigt. So verschieden die Stimmungen, so unterschiedlich und weitgefasst auch die stilistische Bandbreite. Auch wenn die Hauptzutat sinfonischer Progressive Rock lautet, so reicht die Würzmittelpalette von AOR in amerikanischer Ausprägung bis hin zu komplexen, elektronischen Ansätzen. Großer Pluspunkt dieses Albums sind neben der inhaltlichen Abwechslung und den detailverliebten, stimmigen Arrangements, die äußerst griffigen, direkt ins Ohr gehenden Melodien. Dabei gelingt es dem New Eden Orchestra trotz weitgehendst angenehmer Zugänglichkeit, Ideen einfließen zu lassen, die sich nicht bereits beim ersten Anhören abnutzen. Auf der anderen Seite fehlt es dem Album an richtigen Ecken und Kanten, an Widersprüchlichem, was für wirkliche Überraschungen sorgt. Ansätze sind vorhanden, aber meist fließt die Musik angenehm und vielschichtig ausgedacht durch die Gehörgänge, man kommt aber stellenweise nicht umhin, den Makel des Unspektakulären, Hausbackenen zu attestieren. Leider kommt dazu noch ein sehr steriler Drumsound, insgesamt zu wenig klanglicher Druck nach vorne, was für einen leicht verschwommenen Gesamteindruck hinterlässt. "Anyman" ist auf keinen Fall typischer Einheitsbrei, aber mehr Pfiff und Dampf hätte diesem Album dennoch gut getan. Die Grundrichtung stimmt, aber da kann man sicherlich beim nächsten noch mehr herauskitzeln. Somit fehlt "Anyman" noch der gewisse Begeisterungsfunke. Eine solide und gute Scheibe, die melodisch ausgewogen arrangiert wurde, ist es aber allemal.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004