CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)

Nektar - Journey to the centre of the eye
(49:05, Eclectic Discs, 1971)
Nektar - A tab in the ocean
(69:55, Eclectic Discs, 1972)
Nektar - Recylced
(73:54, Eclectic Discs, 1975)

Nach einigem nervenaufreibenden Hin- und Her mit der ehemaligen Plattenfirma Bellaphon, geht es nun endlich mit der CD Wiederveröffentlichung der Nektar Historie in remasterter Form, mit erweiterten Booklet und um Bonustracks ergänzt weiter. Die aktuelle Ladung besteht aus dem Debüt "Journey to the centre of the eye", sowie den beiden, neben dem Klassiker "Remember the future" (1974), wohl erfolgreichsten Alben der Bandhistorie, nämlich "A tab in the ocean" (1972) und "Recycled" (1975). 1969 in Hamburg von auf dem Kontinent gestrandeten ex-Mitgliedern britischer Rock-Bands gegründet, erschien zwei Jahre später Nektars Debüt "Journey to the centre of the eye". Im Vergleich zu den Nachfolgern noch sehr psychedelisch geprägt, wirkt dieser erste musikalische Gehversuch insgesamt ungeschliffener und kantiger. Während später mehr die melodischen Momente die Oberhand gewannen, so ist das einzige in der Originalbesetzung eingespielte Werk wesentlich experimentierfreudiger und wird auch gerne in den Bereich psychedelischen Space Rock zugeordnet bzw. mit den Frühwerken von Pink Floyd verglichen. Nicht unbedingt ein Album, um in die Historie von Nektar einzusteigen, aber nichtsdestotrotz ein interessanter erster Schritt. "A tab in the ocean" nur ein Jahr später aufgenommen, präsentiert eine Band, die in dieser kurzen Zeit eine deutliche Weiterentwicklung, vor allem in kompositorischer Hinsicht, durchlaufen hat. Logischerweise klingt einiges des Konzeptalbums aus heutiger Sicht etwas behäbig und angetagt, keineswegs so zeitlos wie Werke von Yes oder Genesis. Auch waren nicht alle Journalisten immer gnädig mit Nektar, attestierten ihrer Musik "aufgeblasenen Schall und Rauch". Wiederum meinte ein anderer, der Gruppe wohlgesonnener Kritiker etwas zu euphorisiert: "Nektar sind die härteren, besseren Pink Floyd". In beiden Aussagen liegt ein Fünkchen Wahrheit, jedoch liegt die eigentliche Wahrheit irgendwo zwischen diesen beiden extremen Polen. Kritikergeschwätz bei Seite: auch nach mehr als 30 Jahren hat die Musik von Nektar immer noch ihren unbestreitbaren Reiz. Neben den vom ersten Album bekannten Psychedelic und Space Rock Einflüssen, setzen Nektar auf ihren späteren Werken viel mehr auf flüssig gespielten, moderaten Progressive Rock bzw. handfesten Rock. Gelegentlicher Hard Rock Einfluss ("King of twilight" von "A tab in the ocean" wurde später sogar von Iron Maiden gecovert!) bzw. deutliche Blues Tupfer setzen Nektar ebenfalls stilprägend in Szene. Vor allem aber gewinnen die zugänglichen Melodien an Kraft und Ausdruck, verzwirbelte oder komplexe Ideen findet man hingegen kaum. In sorgsam gestalteten, ausladenden Instrumentalpassagen mit flirrenden Gitarrenexkursion, sowie fetten Orgelsounds wird sehr viel Wert auf stimmige Atmosphäre gelegt. "Recylced" ist mit Sicherheit das proggigste und zugleich eines der zugänglichsten Alben von Nektar, was vor allem auf jede Menge bombastische Keyboard- und Synthiesounds zurückzuführen ist, sowie einem insgesamt sinfonischen Gesamtansatz. Die Meinungen in Fan- und Kritikerkreisen bzgl. dieses Albums gehen stark auseinander. Für die einen entfernten sich Nektar zu weit von der ursprünglichen Richtung, für die anderen fügt diese sinfonische Weiterentwicklung genau die Elemente hinzu, die der Musik von Nektar bisher fehlten. Alle drei Alben wurden sorgsam remastered, "Journey to the centre of the eye" ist zudem als Hybric SACD im Surround Sound erhältlich. Weitere Alben mit dieser Soundaufbereitung sollen im Herbst noch folgen, sofern dafür Interesse bei mindestens 300 Fans besteht (Kaufwillige sollen sich mit dem Label Eclectic Discs, email rtf@eclecticdisc.com, in Verbindung setzten). Zudem enthalten die beiden anderen Reissues einen alternativen Remix des jeweils kompletten(!) Albums, was aufgrund der recht kurzen Spielzeit beider Alben einen netten Bonus darstellt.

Kristian Selm



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