CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
Entrance - Entrance
(59:24, Mylodon Records, 1999)
Entrance - En la tierra
(60:38, Mylodon Records, 2002)
Beim Anhören von CDs von aus europäischer Sicht eher entlegenden Gegenden, ist man doch immer wieder überrascht, welch weltumspannende Wirkung bestimmte Musikstile haben können. So hat der Prog Metal mittlerweile auch in Chile seine Spuren hinterlassen, denn Entrance berufen sich ganz eindeutig auf eine moderate Version von Dream Theater und Konsorten, schaffen es aber dennoch so etwas wie einen eigenen Einfluss geltend zu machen, sich von den amerikanischen und europäischen Kollegen abzuheben. Wie viele Bands aus Südamerika vertraut die fünfköpfige, in klassischer Besetzung angetretene Band bei ihrem namenlosen 1999 erschienen Debüt glücklicherweise auf heimatsprachlichen Gesang, müht sich also nicht mit schlechten Englisch ab und bewahrt somit eine authentische Note. Neben dem ausgezeichneten Gesang von Frontmann Claudio Morice, mit souverän eingesetztem Schmalz und Tremolo in den Stimmbändern, wird auch in der Umsetzung eine Spur mehr Emotionalität hineingelegt, mit überschäumenden Schwung aus südlichen Gefilden. Ansonsten vertrauen Entrance aber eher auf Bodenständiges und Bewährtes. Zwar bekommen Breaks und inhaltliche Wechsel ihr Recht, ausgiebige Soloparts an Gitarre und Keyboards dehnen die Songs jenseits der üblichen Liedlängen aus, aber meistens vertraut man doch mehr auf traditionellen Hard Rock, melodischen Metal und ausgiebigen Sinfonic-Einfluss. Vor allem durch die meist ausladend eingesetzten Keyboards, bekommt die ganze Sache stellenweise einen schon fast neo-progressiven Einschlag. Im Grunde genommen, handelt es sich eigentlich mehr um ein härteres, aber immer melodisches Rockalbum mit ergänzenden Zutaten, welches solide und souverän eingespielt wurde. Auf "En la tierra" ging dann leider etwas der Schwung und die Souveränität des Debüts verloren. Hauptsächlich hängt dies mit den bandinternen Umbesetzungen zusammen. Sänger Jaime Scalpello hat trotz stimmlicher Klasse nicht ganz die Ausdruckskraft seines Vorgängers, die Neuzugänge an Bass und Schlagzeug lassen ebenfalls die nötige Souveränität vermissen. Zudem hat sich die Stilistik inzwischen zwar zum Teil weiter weg vom Metal, mehr hin zu noch mehr, gekonnt eingesetzten Sinfonic Einfluss, wie auch mehr akustischen Momenten verschoben, aber das Gesamtresultat wirkt dennoch irgendwie zu verhalten, wohl nicht ganz der eigenen Neuorientierung vertrauend. Geht es aber dann doch wieder zurück in härtere Gefilde, dann gerät die Bandmaschinerie bisweilen ebenfalls ganz unerwartet ins Holpern. Die musikalische Umsetzung wirkt keineswegs noch so lässig wie auf dem Debüt, die Soloparts an Gitarre und Keyboards kommen eine Spur zu verfrickelt daher. Dass in dieser Band mehr steckt, haben sie bereits bewiesen, "En la tierra" kann trotz einem soliden Fundament, leider nicht das Versprechen einhalten, welches zuvor gegeben wurde.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004