CD Kritik Progressive Newsletter Nr.46 (10/2003)
Sweatin' Like Nixon - Fishing in political sewers
(61:10, Buy Me Records, 1999)
Sweatin' Like Nixon - Tunes for the young people to enjoy
(61:55, Buy Me Records, 2003)
Es scheint, das die nächste Generation Progressive Rocker angetreten ist. Und die machen natürlich alles anders. Allein, was die musikalischen Einflüsse des Quartetts betrifft: Frank Zappa, John Coltrane, Parliament, Snoop Dogg (!). Jeremy Wells, Michael Venley, Samuel Marabella und Dan Reino lassen im Grunde nichts aus. Jazzrock, Psychedelic, Alternative Rock, Hip Hop, Rap und Rock - ohne Rücksicht auf Verluste lassen sie sich überall nieder und machen ihren ganz eigenen Stil daraus. So klingt die Band im Groove stets lässig und funky, melodisch jazzig bis heavy, zuweilen sehr liedhaft und schlicht, immer mal wieder ungewöhnliche Parts, Soli, instrumentale Teile präsentierend. Da kann ein Song wie "Manhattan girl" eine ganze Weile ziemlich bedeutungslos vor sich hin rudern, bis ein abschließendes, absolut begnadetes Gitarrensoli schließlich die völlige Verblüffung bringt. Wenn Sweatinï Like Nixon sich länger im instrumentalen Bereich aufhalten, werden ihre Ideen zunehmend besser, ausgereifter, eigener. Sehr nette solistische Ideen werden da präsent. Dann fangen sie wieder zu singen an und Alltäglichkeit breitet sich aus. Teilweise sind die Ideen ziemlich verrückt und abgefahren, plötzlich verblüffend eingebracht, was vieles rettet, doch dann verflacht so ein Song wieder und der Sänger meint, irgendwas über Girls singen zu müssen. "Ode to Isa" beginnt mit Mundharmonika, ein typisches amerikanisches Rockstückchen, könnte man meinen. Im Refrainteil kann man getrost wegdämmern. Auf ein Mal rastet die Gitarre aus, präsentiert einen zappaesken Part, woraus sich eine ausgeflippte Melodie setzt, die bombastisch in Hip Hop gipfelt. Schließlich bricht die Spannung wieder zusammen und der Refrain hält Einzug. Instrumental ist der Vierer sehr gut am werkeln, ihre Instrumente verstehen sie dynamisch zu bearbeiten. Allein ihre kompositorischen Fähigkeiten müssen weiter ausgebaut werden. Um das Lügen zu strafen, kommt zum Ende von "Fishing In political sewers" mit "Alien in my garage" ein langes, radikales Stück, das deutliche Ähnlichkeiten zu den besten Songs von Mike Keneally aufweist. Ein klasse Song, warum nicht mehr davon? Warum erst zum Ende der CD? Das neue Album "Tunes for the young people to enjoy" zeigt die Band gereift. Vor allem im kompositorischen Bereich. Die Songs sind komplexer aufgebaut, haben mehr Ecken und Kanten, trauen sich mehr aus alltäglichem Songaufbau heraus. Jazz hat sich manifestiert, die Gitarren rocken heftiger, der Gesang ist härter, rapmäßiger, Refrain findet zwar statt, aber nicht mehr in der langweiligen Art und Weise. Dynamische, fließende instrumentale Parts und komplexer Songaufbau zeigen die Band viel eigenständiger. Der Vergleich zu Mike Keneally ist in der Qualität stärker geworden, stilistisch schwächer. Die Ähnlichkeit liegt im instrumentalen Bereich. Sweatinï Like Nixon haben keine Keyboards an Bord, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug sind das klassische Instrumentarium, das völlig ausreicht, die vitalen Ideen umzusetzen. Hin und wieder geschehen dann natürlich wieder solche Dinge wie in "Hot pockets", einem kurzen Funk-Song, der eher simpel und einfältig ist oder "Comfortability", einem typischen Hip Hop. Auch auf diesem Album gilt, das die langen Songs am interessantesten sind. Wenn das letzte Stück auch bescheißt und statt 18 Minuten 7 + 6 Minuten lang ist und mittendrin 5 Minuten rein Nichts präsentiert. Sweatinï Like Nixon sind auf dem richtigen Weg. Als Techniker sind sie perfekt, als Komponisten gewachsen. Wenn sie ihre Jazzrock-Intention beibehalten, sind sie eine passende Band für die nächste Zappanale (und nicht nur das).
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003