CD Kritik Progressive Newsletter Nr.46 (10/2003)

Embryo - Bremen 1971
(55:37, Garden Of Delights, 1971)

Klasse! Eine der besten frühen deutschen Progressive Jazzrock Bands mit bisher unveröffentlichten Live-Aufnahmen! Embryo braucht wohl nicht vorgestellt zu werden. Die noch heute aktive Band hat etliche Alben eingespielt und sich über die Jahre in verschiedenen Bands und Projekten vervielfältigt. Das Goethe-Gymnasium schickte die Band in den Orient und über die Welt, Embryo infizierten sich früh mit Worldmusic-Bakterien, die sie bis heute auf Trab halten. Die Songs dieser CD sind allerdings in good old Germany eingespielt worden, am 23.09.1971 im Bremer Gymnasium Leibnizplatz. "Try to be" eröffnet die CD. Das Stück geht heavy ab, hält die Spannung auf einem sehr hohem Niveau, auf dem es fast zu Stille erstarrt. Genauso perfekt ist das folgende "Time", ursprünglich auf Embryo's Rache, in dem Christian Buchard einmal mehr beweist, was für ein genialer Schlagzeuger er ist. Allein die Beckenfiguren sind eine Ohrenfreude. Doch nicht Christian allein, sondern die komplette Band ist sehr gut unterwegs. Hansi Fischer mit seiner Flöte, Al Jones an der Gitarre, Edgar Hofmann mit Saxophon und Geige (wobei sein unvergleichliches, perfektes Geigenspiel weitaus beeindruckender ist) und Ralph Fischer am dynamischen, unerschütterlichen Bass geben alles. In den Improvisationen scheint die Musik sich von den Musikern zu lösen, als spielte sie sich selbst in wilder, absoluter Trance. "Tausenfüßler" und das über 26 Minuten lange "Spain yes, Franco finished" gehen auf die gleiche inspirierte, vitale Weise ab. Von Solo zu Solo, von gruppengeprägter Improvisation zu einzelnen Exkursionen gehen die Themen in steter Variation von Instrument zu Instrument, von Musiker zu Musiker virtuos ineinander über und prägen diese knappe Stunde äußerst lebendig und grandios. Die Studioalben der Band sind fabelhaft, um so mehr sind es ihre Konzerte. "Bremen 1971" hat einen unscheinbaren Namen und ist doch ungleich aufregender. Tolles Konzert, tolles Album, traumhaft. In Vorbereitung ist übrigens das 1972er Album "Father, son and holy ghost". Garden Of Delights ist dabei, sich selbst zu übertreffen.

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2003