CD Kritik Progressive Newsletter Nr.46 (10/2003)

Darling - D2R
(49:06, Privatpressung, 2003)

Bei Soloalben im Progressive Rock ist man üblicherweise mit einer Schwemme von Keyboardalben konfrontiert. Ein Schlagzeuger als Bandleader ist da doch eher die Seltenheit. Zwar spielt Hal Darling ebenfalls Keyboards, doch sein elektronisch / akustisches Getrommel nimmt logischerweise einen sehr weiten Raum in seiner Musik ein. "D2R" ist das zweite Werk des Komponisten aus Nebraska, Unterstützung bekommt von Uri Gatton an diversen Gitarre und Athan Gailis an Blasinstrumenten. Von Anfang an steht das rein instrumentale Album unter Volldampf, gibt sich hektisch, bisweilen chaotisch, aber auf keinen Fall langweilig oder vorausschaubar. Momente aus komplexen, sinfonischen Progressive Rock, wechseln über in kammermusikalischen Rock In Opposition oder zappaeskes verschwimmt mit avantgardistischen Fetzen. Ob gewollt oder ungewollt, hin und wieder wirken einige Passagen fast schon lächerlich, bevor wieder schwerere Geschütze aufgefahren werden. Auch wenn Darling Tempo und ständige Rhythmuswechsel absichtlich ausreizt, so geht dies hin und wieder auf Kosten der inhaltlichen Struktur, die in manchen Momenten zu zerfahren wirkt. Titel wie "Clown on fire" oder "Prom vomit", sowie ausführliche Liner Notes zeugen von skurrilem Humor. Die zuweilen auftauchende Lockerheit nimmt dem komplexen Ansatz etwas die inhaltliche Schärfe. Nichtsdestotrotz sollte man nicht auf einfache Strukturen warten. Wird mal nur mit Keyboards musiziert wird's dafür gleich recht düster und dunkel. "D2R" ist geprägt von vielen MIDI Sounds, neigt an manchen Stellen zu einer klanglichen Sterilität. Trotz anstrengendem Anhörens, eine interessante, wenn auch schwerverdauliche Scheibe. Wem bis hier alles zu wirr klang, kann sich auf der Homepage des Künstlers gerne vom Gegenteil überzeugen, da diverse Klangbeispiele im MP3 Format vorliegen.

Kristian Selm



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