CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Sad Minstrel - The flight of the Phoenix
(51:38, Black Widow, 2003)
Als "Trauriger Minnesänger" sieht sich also Fabio Casanova, der ehemalige Keyboarder der italienischen Düster Prog Formation Malombra. Ganz alleine zupfte er an seinen Gitarren herum, werkelte an der Vorproduktion dieses Albums und klimperte die MIDI Programmierung von Bass, Keyboard, sowie dem Knüppelknecht aus der Steckdose zusammen. Tja und dann griff er auch noch zum Mikrofon, aber dazu später mehr. Beeinflusst von der ligurischen Heimat, einer Region geprägt durch Mittelmeer und der Nähe zu Frankreich, sowie einer Vergangenheit, die französische, italienische, keltische und sogar spanische und arabische Kultur vereint, zeichnet "The flight of the Phoenix" ein diversifiziertes Bild dieser verschiedenen Kulturkreise. So sind die Harmonien zwar einfach gehalten, aber die synthetischen Flötentöne im keltischen Mittelaltergewand, sowie lockere Folkinterpretation, dunkle Atmosphären sorgen für manch interessanten Höreindruck - fließende Gitarrenmelodien, flotte Rhythmen und bombastische Grundelemente treiben die interessante Mixtur gut voran. Aber nun zum düsteren Kapitel der Geschichte: dem Gesang. Der erste Eindruck schwankt zwischen Lachen und Staunen. Huah, soll dieser Sprechgesang nun gefährlich wirken oder ist das akzentbeladene Gesummsel und Gesinge in englisch nur ein großes Missverständnis? Ein klarer Fall von unfreiwilliger Komik. Viel besser funktioniert da "Canzone della bambina di Triora", welches in einem alten Dialekt, einer Mischung aus französisch und italienisch eingesungen ist. Wirkt um einiges authentischer und passender. Immerhin gewöhnt man sich irgendwie im Laufe der CD an die zweifelhaften Gesangsleistungen. "The flight of the Phoenix" schwankt zwischen echtem Gefallen und grausigem Synthetiksound, zwischen Dilettantismus und überzeugender Interpretation. Denn es gibt sie hier wirklich, die Momente, die hängen bleiben und irgendwie eine eigenartige Faszination ausüben. Insgesamt aber mehr ein zwiespältiges Vergnügen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003