CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Kaipa - Keyholder
(78:29, InsideOut, 2003)
Schade, dass Kaipa in der derzeitigen Zusammensetzung wohl hauptsächlich ein Studioprojekt von Keyboarder Hans Lundin und Gitarrist Roine Stolt bleiben wird. Denn "Keyholder", das zweite Album nach dem letztjährigen Comebackwerk "Notes from the past", präsentiert ein gestärktes und bestens abgestimmtes Bandprojekt (mit der gleichen Besetzung wie beim Vorgänger). Da werden sowohl Erinnerungen an die 70er Jahre Vergangenheit von Kaipa, wie auch die Flower Kings geweckt. Dies ist umso erstaunlicher, da Hans Lundin dieses Album fast im Alleingang geschrieben hat, aber irgendwie schimmert eben dieses typische Blumenkönige Flair durch oder gilt der Umkehrschluss, dass sich Stolt letztendlich in all den Jahren bei Lundin bedient hat? Ein S(ch)elm, wer so etwas denkt ;-) Die Klasse von "Keyholder" ist nicht nur ausschließlich auf die starken Kompositionen von Lundin zurückzuführen, der sich wieder ausgiebig im nostalgischen 70er Jahre Prog Rock Fundus bedient hat. Denn genauso greift er auf skandinavische Folkwurzeln zurück, wobei diese nicht mehr ganz den Stellenwert, wie bei "Notes from the past" haben. Vor allem ist es den ausgezeichneten Musikern zu verdanken, dass "Keyholder" zu einem steten und anhaltenden Hörgenuss reift. Sei es nun Sänger Patrik Lundström, der dieses Jahr mit seiner eigentlichen Band Ritual ein beeindruckendes Comeback feierte oder auch die versierte Rhythmustruppe, um Morgan Ågren (der bereits in frühester Jugend mit Frank Zappa trommelte), sowie Flower Kings Bassist Jonas Reingold. Trotzdem ihren Mitmusiker genügend Freiheiten eingeräumt wurde, so sind es vor allem Stolt und Lundin, die mal sehr prägnant und offensiv, dann wieder mehr subtil die Hauptlast der vielfach ausgiebigen Instrumentalparts teilen. Da sich die Songs allesamt im Bereich zwischen 6-14 Minuten bewegen, ist genügend Platz für manch ausufernde, aber nie langweilige Exkursion. "Keyholder" überzeugt nicht unbedingt durch Virtuosität und komplexe Wechsel, vielmehr strahlen Lundin und Stolt souveräne Gelassenheit aus, die sich wohltuend auf die anderen Mitwirkenden niederschlägt. Hier muss keiner mehr dem anderen etwas beweisen und gerade dies macht dieses Album so überaus sympathisch und progressiv locker. Ein guter Tipp für die oberen Positionen der Jahrescharts. Offizielles Veröffentlichungsdatum ist übrigens der 25.August, also noch etwas Geduld und nicht sofort vor lauter Vorfreude in den nächsten Plattenladen rennen!.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003