CD Kritik Progressive Newsletter Nr.44 (06/2003)
Blezqi Zatsaz - The tide turns
(79:43, Record Runner, 2003)
Was sich das menschliche Gehirn doch alles für einen völligen unbedeutenden Blödsinn merken kann. Da fragt man sich manches mal, was einem die grauen Zellen wieder mal für einen bösen Streich vorspielen, wenn man einen ehemaligen Bekannten nach vielen, vielen Jahren wiederseht, der wie selbstverständlich auf einen zugeht, einen gleich mit kompletten Namen und dem Herunterrattern aller sonstigen persönlichen Daten begrüßt, während man selbst noch grübelt "An das Gesicht erinnere ich mich ja, aber oh Mist, wie hieß der jetzt noch gleich", Im selben Momenten geistern einem dann aber so unaussprechliche Namen wie z.B. "Blezqi Zatsaz" durch die Synapsen, von denen man mit 100%iger Sicherheit weiß, dass es sich um eine brasilianische Progband handelt, obwohl man nicht einmal ein Album von ihnen besitzt, geschweige denn in den letzten Jahren am entferntesten an diese bescheuert benamste Band einen Gedanken verschwendete. Oder wie es die Werbung so schön auf den Punkt bringt: sind wir nicht alle ein bisschen Bluna? Wieder zurück zu Blezqi Zatsaz. Mit wechselnder Mannschaft - insgesamt waren zehn Musiker beteiligt - haben sie "The tide turns", ein komplett instrumentales Album eingespielt. Auch wenn Tastenmann Fabio Ribeiro, der fast alle Titel schrieb, gleichzeitig hinter den Reglern saß, zusammen mit Eduardo "Fly" Ribeiro am Schlagzeug die einzigen konstanten Größen im Line-Up sind, so ist schlussendlich dabei dennoch ein sehr homogen klingendes Album herausgekommen. Hauptsächlich bewegen sich die stets flüssig und munter vorantickernden Titel im melodischen, äußerst schwungvollen Neo Prog Bereich, im weiteren Verlauf der CD kommen einige Breaks, variationsreichere Instrumentalpassagen mit leicht jazz-rockigem, sowie klassischem Einschlag hinzu. Diverse Flötentöne werde eingestreut, ohne jedoch das Ohr zu stark zu überfordern. Gegen Ende taucht man dafür einige mal in erschreckend seichte Gewässer ab. Trotz weniger grundlegender Überraschungen verfügen die zwölf Titel über eine effektive Interpretation. Wie aber bei jedem nicht gerade vollständig überragenden Instrumentalalbum schleichen sich bestimmte Längen, Wiederholungen und scheinbare Ähnlichkeiten ein. "The tide turns" wurde diszipliniert, ambitioniert und auf den Punkt gebracht eingespielt. Gerade Mastermind Fabio Ribeiro zaubert einige wundervoll virtuose Läufe aus seinem elektronischen Klimperkasten. Kompositorisch lässt er ebenfalls keineswegs Langeweile aufkommen. Einige der Gitarristen können zudem ihre ganz eigenen Duftnoten hinterlassen. Zweifellos wird es dieses Album aufgrund der erschlagenden weltweiten Konkurrenz jedoch recht schwer haben sich nachhaltig durchzusetzen. Ach ja, wie das bekannte Gesicht hieß, welches ich mit den Worten "Wir sehen uns" verabschiedete, ist mir bisher mittlerweile immer noch nicht eingefallen. Na ja, vielleicht kommen mir ja beim nächsten Treffen wieder irgendwelche zungenbrecherische Namen obskurer Progbands in den Sinn, die wieder keine Sau kennt und deren neue Veröffentlichungen auf einmal bei mir zu Hause eintrudeln. Zu irgend etwas müssen ja die grauen Zellen gut sein. Hä?!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003