CD Kritik Progressive Newsletter Nr.44 (06/2003)
Xhol - Hau-RUK
(66:58, Garden Of Delights, 1977)
Xhol Caravan verkürzten 1970 ihren Namen in Xhol, um nicht mit den Canterburianern Caravan verwechselt zu werden. Musikalisch brauchten sie da keine Befürchtungen zu haben. Der bluesgefärbte Canterbury-Jazzrock der Briten Caravan ist mit dem tief, üppig und schwer im Rausch der Sinne verhangenen Psychedelic Rock der Germans nicht vergleichbar. "Hau-RUK" ist das erst Album von Xhol, bestens mit dem NoNoise-Verfahren von Cedar digital aufbereitet. Dazu war eine neuwertige LP vonnöten, das Original-Mutterband ist nicht mehr vorhanden. Als Bonustrack ist "Süden twi Westen" auf die CD gekommen, so dass nun 3 über 20 Minuten lange Improvisationsmonster in feinem Sound zu hören sind. Das Cover ist, wie bei Garden Of Delights üblich, original verwendet worden. Das Label macht keine Schundarbeit, sondern veröffentlicht die Alben seiner Bands stets in sehr guter Form. Nicht nur werden Original-Cover und Backcover sowie etliche Fotos verwendet und ist die ausführliche Story der Band im dicken Booklet (deutsch und englisch) nachzulesen. Die Musik wird im bestmöglichen Zustand auf CD gepresst, Bonustracks füllen die teils schmalen LP-Längen auf, weitere Veröffentlichungen sind im Heft nachzulesen und oft gibt es eine kurze Geschichte, wie zu dieser CD über das OHR-Label. Wenn es eine Band geschafft hat, Labelchef Walter Nowicki zu überzeugen, ist für die Zukunft der Vergangenheit bestens gesorgt. Xhol: Tim Belbe am Saxophon, Gerhard Egmont von Brevern an den Tasten, Klaus Briest am Bass und Gilbert van Wyck III. am Schlagzeug spielten diese 3 Kabinettstückchen wilder und ausufernder Improvisationen ein. "Lebend aufgenommen" steht auf dem Backcover, keine Frage, das ist zu hören. Mit urwüchsiger Vitalität entfaltet der schwere Rock seine epischen Klangteppiche. Vor allem bestimmt das elektrisch verstärkte (!) Saxophon von Tim Belbe die Songs, doch auch "Öcki" von Brevern entlockt seinen Tasten furiose, ausführliche Läufe. Hin und wieder ist auch Flöte zu hören (falls ich mich nicht irre), wer die spielt, bleibt ungewiss. Die Stücke sind nicht besonders komplex angelegt. Xhol war keine Band, die dem aufkeimenden Progressive Rock, sondern vielmehr dem verwandten Psychedelic Rock ihr Handwerk lieh. Die heutigen Teenies würden vor Langeweile tot umfallen, wenn sie in ihrer Lieblingsdisko zu diesen Songs tanzen müssten. Xhol reduzierten ihre Stücke nicht, sondern ließen den in den Improvisationen aufkommenden Gefühlen freien Lauf. So geriet der Einstieg "Breit" sehr melancholisch. Es braucht schon eine Weile, bis Bass und Schlagzeug ins Gerüst des Songs greifen. Ausführlich und ohne jeglichen Druck lässt Tim Belbe sein Saxophon die Melodie finden, von modulierenden Tönen der Tasten untermalt. Der episch-schwebende Charakter bleibt auch erhalten, als sich die Rhythmus-Abteilung zur Arbeit einfindet. Nähere Vitalität kennt dieses Stück nicht. Das anschließende, eher blueslastige "Schaukel" schlägt schon heftiger aus. Auch wenn die Dynamik der lauten Passagen zu melancholisch-düsteren Läufen zusammenbricht, baut sich die kraftvolle Stimmung wieder auf. Das Bonus-Stück "Süden twi Westen" schließt sich im Charakter dem zerfahrenen Psychedelic-Rock der Vorgängersongs nahtlos an und genießt die verrinnenden Minuten entweder mit heftig-harten Ausflügen oder matt entspannter Melancholie. Garden Of Delights wird zwei weitere CDs mit Live-Aufnahmen der Band veröffentlichen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2003