CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
Ritual - Think like a mountain
(54:22, Tempus Fugit, 2003)
Aus heutiger Sicht bezeichnet Ritual Sänger Patrik Lundström den Versuch das zweite Album "Superb birth" im Jahr 2000 im Eigenvertrieb an den Mann zu bringen als Fehler. Zum einen fand es kaum Verbreitung, zum andern stieß die wesentlich straightere und kompaktere Ausrichtung im Vergleich zum 95er Debüt nicht unbedingt auf viel Gegenliebe bei den Fans. Bei "Think like a mountain" sehen die Vorzeichen wesentlich besser aus. Mit Tempus Fugit hat man ein Label gefunden, welches für einen weltweiten Vertrieb und die nötige Werbung sorgt und auch musikalisch ist das dritte Album der Schweden mehr Richtung "Back to the roots" ausgerichtet. Nicht dass "Superb birth" ein schlechtes Album war, es war eben inhaltlich anders ausgerichtet. Ritual gehen auf ihren neuem Werk dafür einen stimmigeren Zwischenweg. Wesentlich mehr als beim Vorgänger griff man wieder auf die Progressive Rock und Folk Verbundenheit vergangener Tage zurück. Jedoch müssen verspielter Artrock, spröder Charme und Eingängigkeit keineswegs im Widerstreit stehen. Ritual gelingt es mit gefangennehmenden Melodielinien Songs zu schreiben, die haften bleiben, die aber instrumental und vom Arrangement her so viel Power und Abwechslung bieten, das diese Scheibe auch nach dem x-ten Anhören immer noch Spaß macht und keineswegs wegen ihr langweilig werdenden Zugänglichkeit verblast. Doch genauso findet sich auf diesem Longplayer weniger zugängliches Material, welches nicht sofort den Weg in die Gehörgänge findet, aber gerade dadurch den Hörer fordert und fasziniert. Wo bei "Superb birth" der letzte zündende Gedanke fehlte, wurde er bei "Thinke like a mountain" zu Ende gedacht. Es sind die feinen Nuancen die den Unterschied ausmachen. So beginnt das Album mit dem leicht orientalisch angehauchten Opener "What are you waiting for" noch leicht verhalten, doch spätestens beim getragenen "Humble decision" mit seinem bombastischen, schwelgerischen Chorus, schlägt wieder die alte Magie von Ritual zu. Der Titelsong wartet dafür mit einer interessanten Sperrigkeit auf, während das folgende "Moomin took my head" eine tolle Melodie, einen behutsamen Anfang mit verqueren Progressive Rock Bombast und prächtigen Soloparts verschmelzt. Das verträumte "Breathing" wird prächtig mit Mellotron Samples und weinerlicher Gitarre verfeinert. Zwar bewegen sich leider nicht alle Songs auf dem gleichen Niveau und die Heavy Parts wie sie z.B. beim Debüt bei "Big black secret" zu finden waren, sind fast völlig verschwunden, doch profilieren sich die vier Schweden insgesamt als ausgezeichnete Songschreiber, bei denen auch im Detail einiges an Ideenreichtum und Abwechslung zu finden ist. Hoffentlich gelingt es Ritual endlich mehr Aufmerksamkeit zu erreichen, nachdem sie so sang- und klanglos in den letzten Jahren verschwunden waren. Von den ausgezeichneten Livequalitäten der Band kann man sich bereits im März bei der kleinen Tour mit RPWL überzeugen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003