CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)

Colt - From the fridge
(44:47, Wydawnictwo 21, 2001)

So kann man sich doch völlig irren. Ohne das Wissen, dass dieses Album erst im Januar 2001 aufgenommen wurde, könnte man glatt meinen, dass hier ein bisher unentdecktes Werk aus den frühen 70ern vorliegt. Vom Klang, von der Spielweise, der Idee bluesgeschwängerten Hard Rock mit leichten Prog Elementen anzureichern - alles klingt hier dermaßen originalgetreu, dass man vor dem Trio aus Polen, vom Grundgedanken und der Umsetzung her, schon mal den imaginären Hut ziehen muss. Doch soweit die Zeitreise bis hierher als absolut gelungen bewerten werden kann, so fehlt der eigenen Umsetzung und Interpretation der finale Glanz. Nicht, dass die Musik schlecht gespielt wäre, auch der Gesang hat durchaus guten nostalgischen Flair, vielmehr sind es die Ideen, denen auf Dauer der letzte Durchsetzungswille fehlt. Hier und da blitzten einige geniale Momente auf, die mit Leidenschaft wieder die Vergangenheit exhumieren. Vor allem die kurzen Flöteneinlagen der Gastmusikerin, ganz leichter Jazz Appeal, sorgen für aufflackerndes Lichtpunkte. Im weiteren Verlauf der CD geht jedoch ein Aspekt der völligen Rückbesinnung auf die Vergangenheit etwas nach hinten los. Beim teils dünnen, brüchigen Sound hätte man sich doch etwas mehr Druck gewünscht. Aus historischer, ideeller Sicht sicherlich verständlich, aber mehr Klangvolumen wäre sicherlich nicht schlecht gewesen. Doch gegen Ende der CD flackert nochmals das vorhandene Potential von Colt auf. Sowohl die gelungene Atomic Rooster Coverversion "I want your love so bad", als auch das akustische "Drop" dienen als prima Überleitung zum über dreizehnminütigen Titelsong. Dort tut vor allem der Einsatz von ächzender Orgel im Uriah Heep / Deep Purple Fahrwasser der Musik hörbar gut. Geschickt versteht es hier die polnische Band die Spannung langsam, aber stetig aufzubauen. Zwischenzeitlich verpufft zwar einiges an innerer Spannung oder klingt zu durchschaubar, aber insgesamt führt diese ausufernde Nummer zu einem versöhnlichen, wenn auch nicht überragenden Abschluss des Albums. So landet "From the fridge" bei Betrachtung aller Plus- und Minuspunkte insgesamt im soliden Mittelfeld, sollte aber vor allem Fans des Hard Rocks der ersten Stunde ansprechen.

Kristian Selm



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