CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)
Bubblemath - Such fine particles of the universe
(45:52, Privatpressung, 2002)
Mit kernigen Werbesprüchen sind die Amerikaner noch nie sparsam gewesen. "Die neue Bubblemath CD ist genauso exzellent, wie der Titel des Albums lang ist". Die Worte höre ich gerne, allein mir fehlt der Glaube, möchte man sogleich ganz poetisch erwidern. Doch Halt, die werbetechnische Botschaft ist keineswegs übertrieben, denn "Such fine particles of the universe" offeriert wirklich hervorragenden Stoff aus der etwas anderen progressiven Schublade. Das fängt bei der Verpackung an, die im Zusammenspiel von Vorder- und Rückseite des Digipacks alle chemischen Elemente auflistet und geht natürlich unweigerlich bei der Musik weiter. Dabei sind es nicht nur altbekannte Versatzstücke, die man bereits von hundert anderen Alben und Bands kennt, sondern das Quintett aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten brennt ein komplexes Feuerwerk aus allerlei musikalischen Stilen ab, welches genaues und mehrfaches Zuhören erfordert. Harter Stoff und absolut nichts für musikalische Softeggs: also Lauscher auf und durch - es lohnt sich! Was den Zugang zu diesem Album zu Beginn so schwierig macht, ist die extreme Sprunghaftigkeit, die innere Zerrissenheit die Bubblemath permanent an den Tag legen. Selbst wenn deutlich vernehmbare Progressive Rock Elemente vorherrschen, geht es auch mal kurz in wavige, fast schon punkige Gefilde oder frohgemut wird der Jazz Rock gestreift. Man weiß eigentlich nie wie oder wann ein Song endet oder wohin die finale Richtung geht, nichts ist sofort vorhersehbar. Dennoch werden die komplexen Sprünge durch ein melodisches Konzept zusammengehalten, es erklingen keineswegs einfach nur wild zusammengestückelte, zusammenhanglose Parts, die man lieblos aneinandergereiht hat. Die 12 Songs folgen einer ganz eigenen, nicht immer sofort erkennbaren Dramaturgie. Gerade, wenn man meint, ein Stück durchschaut zu haben, folgt ein sperriger Sprung, der die eingefahrenen Hörgewohnheiten wieder auf eine harte Probe stellt. So schleicht sich unterschwellig der Eindruck einer inhaltlich Desorientierung ein. Doch irgendwie entwickeln die teils abgehackten Parts, die schnellen, sehr nervösen Wechsel eine ganz eigene Dynamik, nur noch getoppt von den verschachteltem, sprunghaften Gesangslinien. Um den Hörer jedoch kurze Verschnaufpausen zu bieten und nicht total zu überfordern, wurden geschickt ruhige Momente zum Durchatmen eingebaut. Vergleichbare Bands zu nennen fällt schwer, ist fast unmöglich, denn Bubblemath gehen nach dem Motto "Von jedem etwas" vor. So könnte man fast alle bekannten Namen aufzählen, die sich mehr im komplexen Progressive Rock Terrain bewegen. Da klingt mal eine Gesangspassage nach Gentle Giant, ein abgedrehter Part bewegt sich im Fahrwasser von Happy The Man oder den 5uu's, aber ebenso kann man klitzekleine Elemente von Yes oder ELP entdecken. Doch wird man damit Bubblemath absolut nicht gerecht, denn bei ihnen wirkt alles irgendwie um noch eine Spur wilder, extremer, aber trotzdem völlig eigenständig. Bubblemath klingen somit definitiv nicht wie die Erbverwalter der 70er, sondern moderne Sounds, neue Einfälle peppen ihre Songs auf. Zusammen mit den vielen Überraschungsmomenten entstand daraus ein gehaltvolles Album, welches für offene Ohren vorbehaltlos als absoluter Geheimtipp durchgehen kann. Aber bitte keine Beschwerden an die Redaktion, dass diese Scheibe schwere Geschütze auffährt: ich habe Euch ausdrücklich gewarnt!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002