CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)
Luca Turilli - Prophet of the last eclipse
(51:29, Limb Music, 2002)
Der Komponist und Gitarrist Luca Turilli, nicht so ganz nebenbei auch Chef der Hollywood-Metaller Rhapsody, legt sein zweites Soloalbum gleich in drei unterschiedlichen, aufwendigen Veröffentlichungen vor. Neben der "normalen" CD (10 Songs) wird es ein Doppel-Picture-Vinyl mit Bonus-CD (16 Songs) und eine limitierte Digipack-CD mit zwei Bonustracks geben. Das ist erfreulich, denn die Musik ist wirklich toll! High-Speed-Klassik-Metal, vor allem durch Nicolo Paganini, Antonio Vivaldi und JS Bach inspiriert, wird von komplizierten, aber in jedem Augenblick gut nachvollziehbaren Melodien transportiert. Luca (g) hat sich ein großes Team an Bord geholt. Neben Sänger Olaf Hayer gaben folgende Musiker ihr Bestes: Miro (keyb), Robert Hunecke-Rizzo (dr) und Sascha Paeth (bs, acc-g, g). Drei unterschiedliche Chöre wirkten an "Prophet..." mit, zudem die isländische Opernsängerin Rannveig Sif Sigurdardottir und die Amerikanerin Amanda Somerville, ein Streichquartett und weitere Musiker für Timpani und Cymbals. Schwelgerische Harmonien sind kompakt eingespielt worden, sehr songorientiert und dennoch mit ausführlichen instrumentalen Passagen, die nicht nur metallischen Bombast, sondern mal melancholische Stille, lyrische Klassik, sehnsuchtsvolle Dramatik oder pulsierende Spannung erzeugen. Die Songs sind detailverliebt arrangiert, eine unglaubliche Fülle an Tönen und Stimmungen wurde umgesetzt. Das Schlagzeug ist etwas dicht gespielt, hin und wieder wirkt der Rhythmus erschlagend, vor allem, wenn für den perfekten Speed-Metal schlicht geknüppelt wird. Die überkochende Harmonie mit den stets präsenten Chorgesängen vor allem in den harten Metal-Passagen scheint überzuckert, die Härte der Songs macht das nicht wett, sondern unterstützt die Süße der Melodien. Schon immer hatten die Italiener, gar die Prog Bands in den Siebzigern, einen Hang zum Kitsch, dem sich auch Luca Turilli gern hingibt. Trotzdem ist "Prophet..." gelungen. Mit Schmackes und Verve inszeniert, gibt sich hier ein selbstbewusstes RockīnīRoll - Werk mit Klasse. Wennīs zu still im Haus wird, kann man die Lebensgeister damit gut wieder aufpäppeln.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2002