CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)
Triumvirat - Remastered
(EMI, 2002)
Sieben auf einen Streich! Während bei anderen Künstlern nach der Kleckermethode gearbeitet wird, haben EMI bei Triumvirat gleich richtig geklotzt. So wurden alle(!) Alben der deutschen Art Rockband Triumvirat in digital aufbereiteter Form auf einmal wiederveröffentlicht, auch wenn man vom ursprünglich avisierten 30.April bis Ende September warten musste. Aber nicht nur das, dazu gibt es auf jedem Album noch diverse Bonustitel (hauptsächlich Singles A- und B-Seiten), in den Booklets passende Fotos zum jeweiligen Album, sowie einen Abriss der Bandgeschichte. Hintergrund der ganzen Veröffentlichungsorgie sind die anscheinenden, langanhaltenden Streitigkeiten zwischen Jürgen Fritz und EMI über die remasterten Alben, wobei EMI nun augenscheinlich sehr konsequent einen Schlussstrich zogen. Triumvirat, die in den 70ern als deutsches Pendant zur britischen Progressive Rock Szene antraten und die man des öfteren auch als deutsche Ausgabe von ELP / The Nice bezeichnete, avancierten mit ihren sinfonischen, klassisch-beeinflussten Werken nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern vor allem in den U.S.A., zu Topsellern (in den Staaten schaffte man es als erste deutsche Band überhaupt in die Top 40 der Billboard Charts). Der Bandleader, der klassisch ausgebildete Keyboarder Jürgen Fritz, entwickelte aus der zu Anfang noch als Band in klassischer Trio Besetzung agierenden Formation, immer mehr sein Projekt, mit jeweils wechselnder Mannschaft. Doch genauso passte er sich den musikalischen Strömungen an, was leider auch dazu führte, dass nicht alle Triumvirat Alben uneingeschränkt empfohlen werden können bzw. qualitativ doch sehr unterschiedlich ausfallen. So stehen in der Liste der besten Alben unbestreitbar die drei ersten Werke ganz oben und zwar in umgekehrter Reihenfolge ihres Erscheinungsdatums. Das 75er Konzeptwerk "Spartacus" steht dabei an der Spitze, sorgte es zum einen für die besten Verkaufszahlen (vor allen in Übersee), kann aber ebenso mit einer ausgefeilten Mischung aus sinfonischem und klassisch-inspiriertem Progressive Rock überzeugen. Etwas schwächer, aber immer noch sehr gut, sind ebenso der Vorgänger "Illusions on a double dimple" (1974), der überhaupt erst für den internationalen Durchbruch sorgte, sowie mit ein paar mehr Abstrichen, das noch recht rau und leicht ungeschliffen klingende Debüt "Mediterranean tales" (1972). Ab "Old loves die hard" (1976) drehte sich dann bei Triumvirat das Personalkarussell immer schneller, auch konnte das Album musikalisch nicht ganz an den Erfolg von "Spartacus" anknüpfen, da die Virtuosität und Abwechslung des Vorgängers nicht mehr so prägnant dominieren, sich ein balladesker Einschlag langsam einschlich, auch wenn Jürgen Fritz immer wieder einige famose Keyboardsoli aus dem Ärmel schüttelte. Insgesamt aber immer noch ein gutes Album, dessen Anschaffung sich durchaus lohnt. Wieder ein Klasse durchschnittlicher, aber auch noch kaufenswert mit Abstrichen, das sehr sinfonisch angelegte "Pompeii" (1977), wo zum Teil leider einfach schwülstiger Streicherbombast, Bläser und klassischer Chorgesang manche gute Idee zukleistern. Jedoch sind auch auf diesem Album noch einige gute Einfälle vorhanden, besonders in den reinen Instrumentaltiteln, die in solistischer Hinsicht mächtig für Druck sorgen. Hingegen sind die Gesangstitel teilweise einfacher gestrickt und zum Teil bereits von der aufkeimenden Discobewegung weichgezeichnet und begradigt. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen! Der endgültige musikalische "Abstieg" folgte mit den recht flachbrüstig und glattgebügelten, teils fast schon peinlichen Werken "A la carte" (1978) und "Russian roulette" (1980). So hatte hier Fritz zwar jede Menge ausgezeichnete Musiker um sich geschart - bei "Russian roulette" spielt fast die komplette Mannschaft von Toto mit, auf "A la carte" trommelte ein gewisser Matthias Holtmann, dessen Karriere ihn einige Jahre später als Dampfplauderer zum Radio und Fernsehen führte - doch mehr als synthetisch nett aufgepeppte Pop-Rock-Musik im Weichspülgang ist dabei nicht herausgekommen. Weibliches Gesäusel im Hintergrund, flache Ideen ohne jegliche Wiederhaken, rockiges Easy Listening - mit den ursprünglichen Triumvirat, hatte dies nun wirklich überhaupt nichts mehr zu tun. "Russian roulette" hält dabei als absoluter Rohrkrepierer locker das Niveau einer stimmungsvollen Karnevalsscheibe. Oder um die von der Wortwahl geschicktere, positivere Umschreibung vom EMI zu zitieren: "Musikalisch erwies sich A la carte als rhythmisch leichtfüßiges Rockalbum, das den Bombast und Opulenz früherer Werke gegen schlankere Arrangements eintauschte". Na ja, auch so kann man musikalischen Mist noch schön reden. Dass hinter dieser umfangreichen Wiederveröffentlichung noch mehr steckt, fußt auf der Tatsache, dass die Arbeiten für das Triumvirat Comeback Konzept-Album "The Website Story" (jede Menge Infos dazu im Internet unter der Adresse www.triumvirat.tv) ziemlich weit vorangeschritten sind. Ob es von Jürgen Fritz und seinen musikalischen Gästen (u.a. mit John Miles) dabei ebenfalls eine musikalische Rückkehr in die 70er gibt, ist eher nicht zu erwarten, die Soundbeispiele lassen aber auch darauf schließen, dass keinesfalls mehr die Peinlichkeitsgrenze der letzten beiden Alben erreicht wird. Trotzdem bleibt abzuwarten, was dieses Album an musikalischen Überraschungen bietet.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002