CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)
Tritonus - Between the universes / Tritonus
(78:50, Second Battle, 1976/1975)
Tritonus ist die lateinische Bezeichnung für einen Intervall von drei Ganztönen. Unter diesem Namen formierte sich in den frühen 70er Jahren in Mannheim eine Band, die sich für die klassische Drei-Mann-Besetzung entschieden hatte. Allein schon dieser Hinweis drängt gleich den ersten Vergleich mit ELP auf. Wie nicht anders zu erwarten wurden die Männer um den kreativen Kopf Peter Seiler an den Tasteninstrumenten sofort als die deutschen ELP abgestempelt. In dieser Schublade gesellten sie sich somit zu den Landsleuten Triumvirat. Tritonus veröffentlichten während ihres Bestehens zwei Alben. Die liebevoll gestaltete CD-Wiederveröffentlichung des Berliner Labels Second Battle aus den Jahren 1998 enthält beide Alben, wobei die zweite Veröffentlichung "Between the universes" von 1976 den Silberling eröffnet und das Debüt "Tritonus" aus dem Vorjahr sich anschließt. Schon die ersten Töne des bombastischen Openers "Between the universes" offenbaren, dass hier zweifellos keyboardlastige Musik vorliegt, weshalb der Vergleich mit ELP nicht ungerechtfertigt ist. Hauptkomponist Peter Seiler steht mit seinem analogen Tastenarsenal im Zentrum des Geschehens. Voluminöse Klangkaskaden wechseln sich dabei eindrucksvoll mit dynamischem Hammondspiel und mystischen bzw. breitflächigen Synthieteppichen ab. Bass und Schlagzeug liefern dazu das passende rhythmische Gerüst ab. Der gute Gesang des Gastsängers Geff Harrison, der in einigen Passagen von wuchtigen Chorarrangements unterstützt wird, sei an dieser Stelle auch gelobt. Somit entwickelt dieses Titelstück gleich schon zu Beginn ein wahrlich erhabenes Gepräge und wird die Herzen der Freunde des keyboardlastigen Progressive Rocks höher schlagen lassen. Entgegen dem üblichen pauschalen Kategoriedenken kann im Fall von Tritonus keinesfalls die Rede von einem typischen ELP-Klon sein, da die Kompositionen ein gehöriges Maß ein eigener Substanz besitzen. Schon das sich anschließende hypnotischen Instrumental "Mars detection" untermauert dies in eindrucksvoller Form. Hier tendieren Tritonus in die Richtung der typischen deutschen elektronischen Musik, ohne dabei ihre symphonischen Wurzeln zu verleugnen. Mit dem in drei Parts unterteilten Titel "Suburban day Suite" findet die zweite und leider auch letzte Veröffentlichung dieses deutschen Trios ein eindrucksvolles Ende. Dabei wechseln sich einmal mehr von Pathos geprägte Passagen voller Keyboardprunk und mächtigem Chorgesang mit dynamischen Instrumentalsequenzen ab. Das verträumte "The day rests" lässt dann diese eindrucksvolle Suite ausklingen. Das Debüt von Tritonus fällt demgegenüber leicht ab, kann aber dennoch überzeugen, wobei hier die Nähe zu ELP aber doch ausgeprägter ist. Insbesondere der Opener "Escape and no way out" ist aber zweifellos ein weiteres Highlight des 70er Jahre Progs aus deutschen Landen. Im weiteren Verlauf wird auch als Auflockerung eine recht witzige Instrumentalversion des Beatles-Klassikers "Lady Madonna" geboten
Horst Straske
© Progressive Newsletter 2002