CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Tr3nity - The cold light of darkness
(65:33, Cyclops, 2002)

Bei solchen Alben kommt man echt ins Grübeln, ob jetzt ein gnadenloser Verriss angesagt ist oder ob man doch ehrlich zu sich selbst sein soll und etwas Distanz für eine einigermaßen objektive Kritik wahrt. Da der kleine Teufel in meinem Kopf schreit "Ablästern!" und den kleinen Engel gerade weggeschubst hat, gibt es erst einmal den bösen Rundumschlag. "The cold light of darkness" of Tri3nity ist einfach so herrlich voller Klischees, dass man nicht umhin kommt, an ihnen herumzukritisieren. Tut mir leid, liebe Band, aber nehmt es bitte nicht zu persönlich! Also, dann mal los! Bereits nach wenigen Takten ist hier vollkommen klar, woher der Wind weht: die Gitarre heult bedeutungsschwanger, die Keyboards kleistern flächendeckend den Raum zu und man wird sogleich von melodisch-schwülstigem Sound zugekleistert, wobei das Schlagzeug erschreckend steril klingt. Egal, was man auch noch von einer typischen melodischen Neo Prog Produktion erwartet, hier kriegt man es und zwar im 20er Pack. Da perlt die Gitarre, die Keyboards wirbeln oder setzen bei Bedarf einfach einen ruhigen Gegenpol. Etwas akustische oder ruhige Momente? Bitte sehr, bitte gleich, können wir auch. Fast möchte man der Band zurufen: "Hey aufwachen, wagt doch mal etwas!". Und hoppla, da meldet sich der kleine Engel in meinem Kopf und schubst den Teufel zur Seit: "So jetzt reicht's, Du kannst doch diese Band nicht grundlos einfach völlig in den Keller schreiben!" Ich gelobe Besserung, hier ein völlig anderer Ansatz für dieses Album. Tr3nity verstehen es ihr melodisches Potenzial gekonnt einzusetzen. Zwischen den Gesangsparts schaffen sie es immer wieder elegische Gitarrensoli, progigge Schlenker mit Keyboardsoli einzubauen, eine gesunde Balance aus Ruhe, rockigen Passagen und sinfonischen Parts zu schaffen, ohne überladen zu wirken. Im Gesamteindruck kommt dieses Album hochmelodisch und vor allem in den Instrumentalparts überzeugend daher, wobei sich besonders Gitarrist Rob Davenport mit manch gefühlvollem, floydigen Solo in den Vordergrund spielt. Sänger Chris Campell setzt sich stimmgewaltig in Szene, ohne übertrieben zu wirken, sondern er fügt sich immer harmonisch in den bestens aufeinander abgestimmten, aber dennoch eigenständigen Gesamtsound ein. Und wer hat nun Recht, Teufel oder Engel? Irgendwie beide - es kommt eben nur auf die Sichtweise an. Rein subjektiv ist dieses Album eine durchaus ansprechende Angelegenheit, welches zu Recht im melodischen Lager seine Abnehmer finden wird, mir jedoch insgesamt irgendwie zu durchschaubar, aber dennoch definitiv nicht schlecht gemacht. Also entscheidet selbst!

Kristian Selm



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