CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Tanakh - Villa Claustrophobia
(52:56, Alien8, 2002)

Blickt man über den eigenen musikalischen Tellerrand, so ist es manchmal von Vorteil, sich nicht mit jedem Genre auskennen zu müssen, denn nur so bewahrt man die eigene Offenheit gegenüber neuen Höreindrücken. Bei Tanakh handelt es sich um ein angebliches All-Star Projekt diverser Musiker, wobei bei mir von den ganzen Bandnamen der Mitwirkenden nur Ravi Shankar so etwas wie einen Aha-Effekt auslöste. Auch gut zu wissen, dass es sich um die bisher zugänglichste Veröffentlichung des Alien8 Labels handelt. Ganz objektiv gelungen ist auf jeden Fall die geschmackvoll und mit warmen Tönen gestaltete Pappschuberverpackung, zudem gibt's diese Aufnahmen auch als LP im Package mit zum Großteil unveröffentlichten Songs auf einer Bonus CD. "Villa Claustrophobia" ist recht minimalistisch angelegt, baut aber immer wieder auch auf melancholische Melodien. Aus sachten Elektronikklängen, sowie zurückgenommen Streichinstrumenten, sparsam eingesetzten Akustikgitarrenparts, bauen sich sehr stimmungsvolle Sounds mit nur sehr langsam entwickelnden Melodien auf. Ethnische Einflüsse, die vor allem den indischen Subkontinent bereisen, psychedelische Klangmuster im schleichenden Drogenrausch der späten 60er, geben den 11 Titeln einer von dieser Welt entrückten Stimmung. Das wirkt an manchen Stellen wie der Soundtrack zu einem düsteren Psychothriller bzw. Horrorfilm, versprüht aber auch in den wenigen Titeln mit Gesang eine traurige Hoffnungslosigkeit, die aber doch irgendwie fesselt. Um überhaupt irgendwelche Vergleichsmomente ziehen zu können, sollen hier als sehr grober Anhaltspunkt von der Stimmung Goblin bzw. vom akustischen Ansatz her Sigur Rós herhalten. "Villa Claustrophobia" ist Musik zum Augen schließen, zum Treiben lassen, mehr etwas für die dunklen Jahreszeiten. Zweifelsohne ein interessanter, wenn auch stimmungsmäßig trauriger Blick in andere Bereiche, nichts für depressiv veranlagte Zeitgenossen.

Kristian Selm



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