CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Stramonio - Mother invention
(56:12, Frontiers Records, 2002)

Stramonio hießen früher mal Triology Suite und nicht nur den Namen hat man geändert, auch die musikalische Ausrichtung geht jetzt mehr Richtung Prog Metal, wobei man keineswegs eine der typischen Knüppel-aus-den-Sack-Haudrauf Combos ist. Lustigerweise klingen Stramonio immer dann am umglaubwürdigsten und in ihrer Art übertrieben, wenn sie richtig ungestüm Losknüppeln, als ob sie allen krampfhaft zeigen wollen, was sie wirklich technisch drauf haben. Doch eigentlich hätten dies die Italiener gar nicht nötig. Und wenn wir schon beim Kritisieren sind, gleich noch ein kleiner Seitenhieb an den ansonsten wirklich guten Sänger Federico De Vescovi, dessen südländischer Akzent an manchen Stellen doch leicht störend durchscheint. Dennoch gehören Stramonio zu den positiven Überraschungen des handwerklich heftigerem Prog Metal Gewerbe. Als großer Pluspunkt sei zuerst der variable Gitarrist Nicola Balliana erwähnt, der immer, wenn er sich solistisch in den Vordergrund drängt, die Musik auf ein ganz anderes Level hebt. Dies liegt vor allem an seinem nicht techniküberfrachteten, sondern mehr melodischen, gefühlvollen Stil, der den Liedern in den Soloteilen das gewisse Etwas gibt. Die Keyboards dürfen hingegen nicht so oft solistisch dran, wirken aber, wenn sie mal die Führungsrolle übernehmen, überzeugend und angenehm unaufgeregt. Überraschend die ebenfalls sehr ungewöhnlichen Stilbrüche. Bei "Snow crystal" gibt es eine fast schon jazzigen Zwischenpart mit Saxophon, "In my eyes" beginnt äußert originell mit einer Heavyinterpretation von "Peter Gunn", auch kommen immer wieder kurze Ausflüge in Crossover Gefilde zum Tragen. Hat man zu Beginn noch den Eindruck es handelt sich hier lediglich nur um ein weiteres, gut gemachtes Prog Metal Album, so wächst diese Scheibe im weiteren Verlauf immer mehr, was zum Großteil an den guten Melodien und interessanten Arrangements liegt, auch wenn manche Passagen in Atmosphäre und stimmlicher Lage an Dream Theater erinnern. Aber was klingt heute schon wirklich neu? "Mother invention" bietet somit keineswegs die schon so oft gehörte Einheitskost, sondern kann auf dem Originalitätskonto einiges im Plus verbuchen, was zu Recht bestätigt, dass man bei Frontiers Records gleich einen Vertrag über mehrere Alben unterschrieben hat.

Kristian Selm



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