CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Atraxy - Moonlight-drunken eye
(65:03, Privatpressung, 2002)

In ihrer Presseinfo bezeichnen sich die seit 1997 existierenden Atraxy als "Schnittmenge Threshold und Porcupine Tree". Diese Selbsteinschätzung macht klar: die Metal-Attitüde ist noch da, die Band orientiert sich musikalisch auch an anderen Bereichen. Hört man sich durch ihren ersten Longplayer "Moonlight-drunken eye", bekommt man keineswegs nur die üblichen Klischees geboten, statt nur metallig, ist die Mucke auch mal rockig bis hin zu spacigen Sounds, statt Breakgewitter und Technikgefrickel gibt's auch mal ruhige Passagen mit Tiefe. Mit Scratcheinlagen ("Chickenquest") macht man zudem keineswegs vor modernen Einflüssen halt, auch wenn perlende Pianolinien und stellenweise Bombast deutlich progressiven Ursprungs sind, die griffigen Riffs aus der Heavy Richtung kommen. Vom Ansatz und Potenzial ist die Band auf jeden Fall auf dem richtigen Weg, doch sollten dennoch einige Dinge kritisch angemerkt werden. Noch fehlt ihren Kompositionen der letzte zündende Funke, die ausgewogene Kompaktheit, die inhaltliche Dichte. Dass soll nicht heißen, dass die Songs planlos vor sich umhereiern, sondern vielmehr fehlt es an den finalen Höhepunkten. Neben dem noch verbesserungsfähigen Sound, was aber wie bei vielen Bands sicherlich eine Kostenfrage ist, wird sich mancher an der ungewöhnlichen Stimme von Frontmann Michael Völker stoßen. Nicht an allen Stellen erzeugt sein gequält wirkender, leicht wackeliger Gesangsstil das erwünschte Resultat, beim mehrfachen Hören "gewöhnt" man sich zwar daran, aber manchmal ist der Grad bis zum genervt sein nur sehr schmal. Doch genug kritisiert, denn seien wir doch froh, dass sich auch in Deutschland der Gedanke durchzusetzen scheint, nicht immer nur den 10.000ten Aufguss von irgendwelchen anderen Bands abliefern zu müssen, sondern Eigenständigkeit und Abwechslung wieder gefragt sind. "Moonlight-drunken eye" ist das erste wichtige Statement für Atraxy auf dem Weg dahin.

Kristian Selm



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