CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)
José Luis Fernández Ledesma - Al filo
(69:54, Luna Negra, 2002)
Als das bisher gewagteste, ungewöhnlichste Album des mexikanischen Komponisten / Multiinstrumentalisten / Sound Engineer José Luis Fernández Ledesma (ich liebe einfach diese herrlich langen spanischen Namen, die doch viel besser klingen als unsere meist langweiligen Müller, Schulze, Schmidt - ich hoffe, ich habe damit jetzt niemanden beleidigt!) wurde "Al filo" angekündigt. Dies ist keineswegs untertrieben, denn im Vergleich zu seinen melodischen, teils im Neo Prog angesiedelten anderen Scheiben, ist diese Arbeit an manchen Stellen doch recht experimentell, fast schon avantgardistisch angelegt. Da passt wirklich der Vergleich, dass man dieses Album auch bestens für einen Horror Streifen verwenden könnte. Als Ausgleich der Extreme - wie z.B. der als Soundcollage getarnte Opener "Las siete columnas" - sorgen immer wieder akustische Gitarrennummern für Ausgewogenheit. Das wandelt die Scheibe von angespannter, undurchsichtiger Spannung zu einfachen folkloristischen Ideen. Der sirenengleiche Gesang von Margarita Botello Flores trägt schwebend die sachten Melodien, wobei die Reise bis hin zu World Music und Oldfield-artigen Wandlungen reichen, sofern sich José Luis Fernández Ledesma in gelungener Art für die melodiöse Interpretation entscheidet. Immer wieder schälen sich strukturierte Ideen heraus, die überzeugen, ansonsten kommt aber einiges auch sehr angespannt, zu künstlerisch wertvoll daher, verliert sich im verschrobenen Selbstzweck. Mehr ein Album für offene Ohren und Wanderer zwischen andersartigen Klangwelten.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002