CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)
Ines Project - Slipping into the unknown
(59:09, Tempus Fugit, 2002)
Ein Ines Album ist irgendwie, wie ein Familientreffen nach mehreren Jahren. Man trifft auf altbekannte Gesichter, aber jedes mal haben sich ebenfalls, ein paar neue Gesichter dazugesellt. Genauso funktioniert auch "Slipping into the unknown". Einerseits fühlt man sich sofort zu Hause, man stößt auf Vertrautes, Bekanntes, sowohl von der Musik, als auch von den Künstlern, dennoch klingt einiges irgendwie neu, andere Musiker sorgen für neue Einflüsse, ohne dass das Ursprüngliche verloren gegangen ist. So sind neben Ines Fuchs (Keyboards, Akkordeon, Piano, Gesang), die ihr mittlerweile viertes Album dieses mal unter dem Namen "Ines Project" veröffentlichte, wieder Hansi Fuchs (Gitarre, Saz, Gesang), die ehemaligen Asgard Mitglieder Chicco Grosso (Gesang), die Michieletto Brüder Marco (Schlagzeug) und Massimo (Gitarre), sowie Davide Piai (Bass, Chapman Stick, Gesang) als Kernmannschaft mit von der Partie. Als Gäste fungieren u.a. Musiker der Folk-Rock Formation Adaro, wie überhaupt die diversen Gäste für vermehrte folkloristische, weltmusikalische Einflüsse (u.a. Violine, Drehleier, Sitar, Tin Whistle) sorgen. Interessanterweise wurden dadurch vor allem die Keyboards wesentlich mehr in den Hintergrund gerückt, den verschiedenen Instrumenten deutlich mehr Raum zur Eigenentfaltung gegeben. Auf den ersten Blick ist dies schade, da man so natürlich auch weniger Tasten-Soli zu hören bekommt, aber durch das vermehrt in den Vordergrund treten von Atmosphäre und instrumentaler Vielfalt, hat "Slipping into the unknown" noch mehr Tiefe und vor allem klangliche Abwechslung als die Vorgängeralben. Gleichzeitig sorgen sorgsam eingesetzte Loops, aktuellere Sounds für einen zeitgemäßen Anstrich, die Produktion erreicht mühelos das gewohnt hohe Niveau seiner Vorgänger. Die noch vor allem auf dem ersten beiden Alben vertretenen progressiven Ansätze sind nur noch sehr rudimentär vorhanden, hier mal ein kurzes Solo, dort mal ein sinfonischer Part, doch wer über seinen progressiven Horizont blickt und auf der Suche nach gut gemachter, stimmungsvoller Rockmusik ist, wird hier fündig werden. "Slipping into the unknown" ist kein Album, welches sich abnützt, hier wurde in die Arrangements, in die sorgsam aufeinander abgestimmten, vielerlei verschiedenen Instrumente und Sounds, sehr viel Detailarbeit gesteckt. Dennoch klingt das Album nie überproduziert, sondern überzeugend, in sich stimmig, auf den Punkt gebracht. Als einzige Kritik sei bemerkt, dass sich nicht alle Songs auf gleich hohem Niveau bewegen, die schwächeren Tracks aber mehr als bloßes Füllmaterial sind. Durch die stilistische Breite, die von teils leider etwas zu kurz geraten Ausflügen in den atmosphärischen Folkbereich (wie z.B. "Slipping into the unknown 1"), über moderne Rocksounds ("Sitting by the river", "I'm in a movie") bis hin zu stimmungsvollen Tracks (dem heimlichen Album Highlight "In my street") reicht, die verschiedenen Sänger, die vielerlei klanglich unterschiedlichen Instrumente, erreicht "Slipping into the unknow" eine angenehme Vielschichtigkeit und Abwechslung. Als besondere Überraschung wagt sich Ines zudem beim abschließenden, stilistisch am ungewohntesten und sehr modern klingen Song "How I wish that you would stay" zum ersten mal hinters Mikrofon. Ein gelungenes Ende eines insgesamt sehr homogen wirkenden Albums.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002